Dieser Artikel befasst sich mit den Drohungen und Mahnungen von Abofallen-Abzockern, mit Beilage von Gerichtsurteilen, die angeblich "beweisen", dass man zu zahlen hätte.
Dem ist jedoch nicht so. Dieser Artikel erklärt, wie solche Exempel-Urteile zustande kommen können. Die Behauptungen der Abzocker entbehren jeder Grundlage. Lassen Sie sich auch weiterhin nicht bluffen. Zahlen Sie nicht, reagieren Sie auch nicht. Die Abzocker werden Sie nicht verklagen. |
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Seit Mitte des Jahres 2010 gibt es deutliche Hinweise, dass die Abzock-Masche der sogenannten "Abofallen" auf Internetseiten inzwischen reichlich ausgelutscht ist.
Seit 2005 dürfte es inzwischen mehrere Millionen an Betroffenen dieser Kostenfallen der Nutzlos-Branche in Deutschland geben. Wer aber bereits einmal auf diese dümmliche Masche hereingefallen ist, dem passiert dies mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht auch noch ein zweites Mal. Einen tatsächlicher Grund, zu zahlen, hat es auch niemals gegeben. Wer nicht zahlt und nicht reagiert, kann sein Geld behalten. Mehr dazu im FAQ-Artikel über Abofallen.
Die Abzocker sehen nun ihre Felle wegschwimmen. Jedoch sind sie keinesfalls bereit, Abstriche an ihrem gehobenen Lebensstandard hinunehmen. Auch denken sie gar nicht daran, ihren Lebensunterhalt etwa durch Ausübung einer seriösen Tätigkeit zu bestreiten.
Trotzdem es kaum noch neue Abzockseiten gibt, beobachtet man daher eine gestiegene Aktivität sogenannter "Spätlese"-Mahnungen. Die Abzocker möchten gern noch einmal eine letzte "Nachernte" betreiben, daher versuchen sie, von denjenigen, die teilweise über Jahre hinweg die albernen Forderungen nicht bezahlt haben, doch noch eine Zahlung zu erpressen.
Dafür bedienen sie sich teilweise sehr fragwürdiger Methoden. Sie werfen nämlich Nebelkerzen, sie zitieren sogenannte "Trophäen-Urteile", die angeblich "beweisen", dass ihre Forderungen rechtmäßig seien und man zu zahlen habe.
Zunächst einmal - damit keine Missverständnisse aufkommen: diese den Mahnungen beigelegten Urteile betreffen nicht Sie, diese Schreiben bedeuten also nicht, dass Sie bereits verurteilt wurden. Sondern die Urteile werden als Beispiele hergenommen, man will "ein Exempel statuieren" und Sie damit beeindrucken, dass Fremde angeblich oder tatsächlich bereits zur Zahlung verurteilt wurden.
Was hat es mit diesen Trophäen-Urteilen auf sich? Wie kommen die zustande?
Wenn man das verständlich machen will, muss man etwas über die Grundsätze des deutschen Zivilrechts erklären. Im Gegensatz zum Strafrecht (wenn z.B. ein Ladendieb oder Einbrecher vor Gericht steht) hat man es in diesen Fällen mit dem sogenannten "Zivilrecht" zu tun. Zivilrecht ist alles das, was mit irgendwelchen Ansprüchen zwischen Firmen/Privatpersonen zu tun hat. Z.B. ist der Nachbarschaftsstreit wegen eines Knallerbsenstrauchs reines Zivilrecht. Auch die Forderung wegen Zahlung aus Nutzung einer Webseite ist Zivilrecht. Hierbei gilt eine ganz andere Verfahrensordnung als im Strafrecht. Während im Strafrecht der oberste Grundsatz ist, dass das Gericht aktiv zur Wahrheitsfindung verpflichtet ist und z.B. bei bestehendem Zweifel den Angeklagten nicht verurteilen darf, ist das im Zivilrecht ganz anders. Im Zivilrecht darf das Gericht immer nur von den Argumenten ausgehen, die von den Parteien vorgetragen werden.
Wenn also im Zivilrecht die beklagte Partei sich z.B. gar nicht vernünftig verteidigt, wenn sie den Behauptungen des Klägers nicht "qualifiziert" widerspricht, dann hat der Richter in einem Zivilstreit leider gar keine andere Möglichkeit, als den Beklagten zu verurteilen.
Auf diese Weise ist es z.B. möglich, dass sich eine Person, die mit einem Abzocker verbündet ist, mit Absicht vom Abzocker verklagen lässt. Es wird dann keine vernünftige Klageerwiderung eingereicht, entweder wird kein Anwalt hinzugezogen, oder der Anwalt ist ebenfalls mit dem Abzocker verbündet und tut lediglich so, als würde er sich wehren. In Wirklichkeit begeht er mit Absicht so groteske Verfahrensfehler, dass der Richter keine andere Möglichkeit hat, als ein negatives Urteil gegen den Beklagten zu fällen. Auch wenn der Richter weiß, dass das alles von vorn bis hinten nicht koscher ist und der Kläger lügt, darf er im Zivilrecht nicht anders verfahren.
So entstehen dann immer wieder sogenannte "Anerkenntnisurteile", wo also der Beklagte ohne Grund alles zugibt, oder "Versäumnisurteile", wo der Beklagte aus merkwürdigen Gründen nicht zum Prozesstermin erscheint. Oder es wird vom Beklagten nicht qualifiziert etwas gegen die Behauptung vorgebracht, dass der Preishinweis angeblich "sofort erkennbar gewesen" sei. Alle die Behauptungen des Klägers werden einfach so hingenommen.
Solche Urteile sind dann ungefähr vergleichbar mit einem Schachspiel, bei dem Weiß freiwillig 5 Figuren abgibt und auf 10 Züge verzichtet. Dann ist Weiß nach wenigen Zügen schachmatt - kein Wunder.
Diese Urteile kommen entweder dadurch zustande, dass sich ein Verbündeter mit Absicht verklagen und verurteilen lässt, oder aber durch Dummheit des Betroffenen, weil der sich z.B. keinen Anwalt nimmt und die Behauptungen des Abzockers nicht bestreitet.
Ausführlich wird das Prinzip solcher Trophäen-Urteile in einem Artikel im Forum bei Computerbetrug.de erklärt:
Solche Nebbelkerzen-Methoden sind im übrigen auch nicht neu. Das gab es z.B. schon 2009, als Versuch der Nachernte für das alberne Abzockprojekt namens "Nachbarschaft24". Die damals in den Drohbriefen eines Potsdamer Rechtsanwalts geäußerten irreführenden Behauptungen hatten wir gründlich in einem Artikel auseinandergenommen:
Anschließend hatte man dann trotz aller wüster Drohungen dieses Rechtsanwalts.weder von irgendwelchen Gerichtsverfahren noch von Mahnbescheiden jemals etwas gehört. Was vorauszusehen war, traf auch ein: es war alles nur heiße Luft. Der betreffende Rechtsanwalt ist übrigens seitdem auch nicht mehr als Mahnanwalt für Abofallen in Erscheinung getreten. Seine Internet-Domain hat er sogar inzwischen aufgegeben. Nur soviel zu solchen Drohgebärden von Mahnanwälten oder Inkassobüros von Abzockern. Es ist in Wirklichkeit aber auch gar nichts dahinter. Die werden es niemals wirklich auf eine echte gerichtliche Klärung des Falls ankommen lassen.
Auch von der DZI (Deutsche Zentral Inkasso) sind solche Nebelkerzen-Manöver bereits bekannt. Noch nie hat jedoch ein Betroffener, der diese dreisten Mahnungen erhalten und nicht gezahlt hat, später darüber berichtet, dass er tatsächlich verklagt worden wäre.
Die Machenschaften mancher Abzocker gehen manchmal auch so weit, dass Gerichtsurteile zitiert werden, die es überhaupt nicht gibt.
So geht die brandenburgisch-sächsische Abzockerbande, die rund um eine obskure "Premium Media Service Ltd." verantwortlich ist für die seit Jahren schon speziell gegen Kinder und Jugendliche eingesetzten Abzockfallen namens "hasimausi", "pyjamagirls", "vivis homepage", "jennys homepage", "Jennyshow" u.s.w. inzwischen soweit, dass sie in ihren Drohbriefen ein Gerichtsurteil zitieren, das es überhaupt nie gegeben hat.
Siehe dazu den >>>Thread bei Computerbetrug.de.
So wird in grotesken Mahnschreiben dieser Bande Bezug genommen auf ein angebliches Urteil eines "Oberlandesgerichts Hessen". Dabei gibt es solch ein Gericht gar nicht. Zuständig wären angesichts der niedrigen Streitwerte sowieso zunächst einmal nur die weit untergeordneten Amtsgerichte. Zudem wird ein Aktenzeichen zitiert ("8 V 247/10"), das ebenfalls ersichtlich falsch ist. Das Registerzeichen V wird nur verwendet für Erbschafts-Auseinandersetzungen beim Amtsgericht. Auch das "Inkassobüro Steger", das in den Mahnschreiben zitiert wird, gibt es gar nicht.
Sechs, setzen.
Wenn diese Abzocker schon so dreist und frech Gerichtsurteile zitieren, die es gar nicht gibt, sollten sie es besser nicht gleich so offensichtlich tun.
Wir empfehlen allen Betroffenen, die wegen "jennys homepage" solche Mahnungen mit Beilage solcher nicht existierenden Gerichtsurteile erhalten haben, Strafanzeige bei der zuständigen Staatsanwaltschaft in Chemnitz zu erstatten. Auf keinen Fall sollten bzw. müssen solche albernen Forderungen bezahlt werden.
Abgesehen von der Erstattung einer Strafanzeige sollten Sie gegenüber dem Abzocker auch auf solche Mahnungen auch nicht reagieren. Es lohnt sich nicht. Lesen Sie auch den Artikel: