Im Zusammenhang mit nicht genehmigten Lastschriften, die gerne von Abzockern veranlasst werden, erzählen viele Bankmitarbeiter und viele Jounalisten - vermutlich aus Unwissenheit - häufig das hier im Forum so genannte "6-Wochen-Märchen", d.h. sie behaupten, eine nicht genehmigte Lastschrift könne man nur innerhalb einer Frist von 6 Wochen stornieren lassen, danach gelte sie als genehmigt. Auch bei den Verbraucherzentralen wird dieses Märchen leider gerne erzählt.
Seit November 2009 gelten die neuen Regeln der europäisch einheitlichen SEPA-Zahlungslastschriften. Seither wird nun oft nicht mehr ein 6-Wochen-Märchen, sondern ein ebenso falsches 8-Wochen-Märchen verbreitet. Hier soll nun dargelegt werden, warum es sich bei der ominösen 6- bzw. 8-Wochenfrist für die Stornierung nicht genehmigter Lastschriften um ein Märchen handelt. Tatsächlich kann man nämlich viel länger stornieren. |
Zunächst einmal werden hier die Regeln, wie sie laut Bundesbank für die Rückbuchung von Lastschriften seit November 2009 verbindlich gültig sind, beschrieben.
Bestrittene Lastschriften müssen bei Kenntnisnahme unverzüglich zurückgeholt werden.
Eine Lastschrift, für die eine gültige Genehmigung erteilt war, gilt laut Aussage der Banken als endgültig genehmigt, wenn nicht innerhalb von 8 Wochen nach Kontobelastung widersprochen und die Lastschrift rückgebucht wird. Sonst gilt die Lastschrift als genehmigt und kann nicht mehr zurück gegeben werden.
Wenn dagegen keine gültige Einwilligung in die Lastschriftabbuchung erteilt wurde (fehlendes Mandat), dann kann die Lastschrift bis 13 Monate nach Kontobelastung rückgebucht werden.
So steht es jedenfalls in den offiziellen Richtlinien der Bundesbank zum neuen SEPA-Lastschriftverfahren.
Die Frage, ob die dem zugrundeliegende EU-Richtlinie sowie die Richtlinie der Bundesbank die eigentlich mit Priorität gültige BGB-Regelverjährung von 3 Jahren so einfach aushebeln können, ist ungeklärt und könnte irgendwann einmal Gegenstand eines Musterprozesses werden. Unbestritten gilt jedenfalls die Frist von 13 Monaten bei ungenehmigten Lastschriften.
Sollte Ihnen Ihre Bank etwas anderes erzählen wollen, nehmen Sie einen Ausdruck der Richtlinien der Bundesbank mit und zeigen Sie diese Ihrem Bankberater.
Wann hat die alte 6-Wochenfrist gegolten, bzw. wann gilt jetzt die 8-Wochen-Frist?
Die Antwort: Es kommt darauf an!
Zunächst einmal: Seit November 2009 gilt gemäß der neuen SEPA-Richtlinien die 6-Wochen-Frist so nicht mehr. Sondern: wenn eine Frist gilt, dann würde es sich um 8 Wochen handeln. Die alte 6-Wochen-Frist bezieht sich auf alte Lastschriften aus der Zeit bis Oktober 2009 - aber selbst das wissen manche Bankmitarbeiter nicht.
Die Frage lautet, unter welcher Voraussetzung die Abbuchung vom Konto geschehen ist. Unter bestimmten Umständen ist die 6- bzw. 8-Wochen-Frist gültig, manchmal aber nicht.
Damit die Frist wirklich greift, wie es die Banken immer wieder gerne publizieren, sind bestimmte Vorraussetzungen nötig:
Nein, es handelt sich um zwei unterschiedliche Vorgänge.
Bei beiden Verfahren handelt es sich um einen Vorgang des so genannten Lastschriftverfahrens.
Eine zivilrechtliche Forderung gegenüber dem Vertragspartner bzw. Empfänger des Lastschriftvorganges ist davon immer unberührt. Es geht hier immer nur um die Rechte und Pflichten der Banken im Rahmen der Lastschriftverfahren.
Jede Frist hat einen Anfang und ein Ende.
Wie sieht dies bei Lastschriften aus? Bankauszüge werden inzwischen normalerweise online am PC gelesen oder vielleicht noch am Kontodrucker selbst abgeholt. Aber was ist, wenn nicht? Nun, die Banken haben für die Konten einen Rechnungsschluss. Dies ist ein regelmäßig wiederkehrender Zeitraum, in dem der Kunde eine Abrechnung der Kontenbewegungen erhält. Damit gibt es einen Termin, ab dem der Bankkunde spätestens Kenntnis über die Kontobewegungen haben muss. Diese Rechnungsabschlüsse sind sehr oft vierteljährlich, also zum 31.3., 30.6., 30.9 und 31.12. jeden Jahres, können aber auch anders geregelt sein (z.B. monatlich). Dies sollte man bei seiner Bank anfragen.
Da das BGH-Urteil, das das 6-Wochen-Märchen (bei nicht genehmigten Lastschriften) für nicht rechtmäßig erklärt hat (siehe auch in der Pressemitteilung des BGH), die Fristsetzung per AGB bei genehmigten Lastschriften aber ausdrücklich gebilligt hat, haben die Banken ihre AGB nachgerüstet. Dort lassen sich nun Formulierungen wie folgt finden:
"AGB Ziffer 7 Rechnungsabschlüsse bei Kontokorrentkonten (Konten in laufender Rechnung); Genehmigung von Belastungen aus Lastschriften |
Der Bundesgerichtshof hat am 25.10.2007 unter dem Aktenzeichen IX ZR 217/06 die Formulierung von Banken-AGB in der oben dargestellten Weise bestätigt. Mehr Informationen dazu finden Sie in einem Widerruf von Lastschriften - die "6-Wochen-Mär Beitrag im Forum der Seite Computerbetrug von „KatzenHai“.
Diese Frist berechnet sich ab dem Tag der Kontobelastung. Maßgebend ist hier also nicht mehr, wie früher, die Rechnungserstellung, sondern der Tag, wo das Konto belastet wurde.
Eigentlich ist es mit einem Satz gesagt:
Die 6- bzw. 8-Wochen-Frist gilt immer dann nicht, wenn es keine Grundlage für die Kontobewegung gibt. |
Was heißt dies? Für jede Kontobewegung ist ein Auftrag notwendig, sei es auf Grund der Vereinbarungen bei der Kontoeröffnung (Kontoführungsgebühren, Zinsen für Guthaben oder Überziehungszinsen, usw.) oder durch Aufträge, die man vergibt (Überweisungen, Dauerüberweisungen, Schecks, Einzugsermächtigungen, Ratenzahlungen, usw.). Ist das nicht so, dann ist das Ganze vergleichbar mit einem Diebstahl aus der Tasche (z.B. bei Abbuchungen).
Hier kommt wieder das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) ins Spiel. Dieses Urteil (AZ.: XI ZR 258/99 vom 6. Juni 2000) besagt, dass eine Lastschrift, welche ohne eine Erlaubnis getätigt wird, nicht nach einer Frist als genehmigt gilt.
Betrachten wir einige Grundsätze der Rechtsprechung, die auf Lastschriften anwendbar sind:
Was sagt das BGH-Urteil vom 06. Juni 2000, XI ZR 258/99 aus?
Hier hatte eine Kauffrau [Kläger] ein ehemaliges Firmenkonto als Privatperson übernommen (am 12. März 1997). Die Bank [Beklagte] hat weiterhin Lastschriften (bis einschließlich September 1997) durchgeführt, die auf Vereinbarungen mit der Firma beruhten. Als die Klägerin (die Kauffrau) die getätigten Lastschriften zurückbuchen wollte, stellte sich das Geldinstitut auf den Standpunkt, dass diese „die Belastungsbuchungen dadurch konkludent genehmigt habe, dass sie unter Weiterführung des Girokontos die Buchungen geduldet habe; zumindest liege eine Genehmigung deshalb vor, weil gegen die übersandten Rechnungsabschlüsse zum 30. Juni und 30. September 1997 keine Einwendungen erhoben worden seien.“
Dies sah der BGH nun anders, da es zwischen der Privatperson "Kauffrau" (die das Konto ja als solche übernommen hatte) und der Bank keine Lastschriftvereinbarung gab (die Lastschriftvereinbarung wurde zwischen der Firma und der Bank vereinbart). So bestimmte der BGH, dass die eingezogenen Gelder zurück zu erstatten sind. Dazu kann man in den Entscheidungsgründen wie folgt lesen:
"Dem Kläger stehe ein Anspruch auf Stornierung der nach dem Kontoinhaberwechsel vorgenommenen Belastungsbuchungen zu. Dieser sei wegen zwischenzeitlicher Auflösung des Giroverhältnisses auf Erstattung der Buchungsbeträge gerichtet. Der Kläger habe nämlich den im Einzugsermächtigungsverfahren erfolgten Belastungsbuchungen mit Schreiben vom 3. April 1998 als Verwalter des Vermögens der Schuldnerin wirksam widersprochen. Die Beklagte habe - unabhängig davon, ob die Schuldnerin aus dem Valutaverhältnis zahlungspflichtig sei - einen Widerspruch auch noch nach längerer Zeit zu befolgen, weil sie ohne Weisung der Schuldnerin deren Konto belastet und diese die Belastungsbuchungen nicht genehmigt habe." (Quelle: Urteilsbegründung des BGerH, eigene Hervorhebungen) |
Hier wird auch deutlich, dass diese Entscheidung unabhängig von eventuellen Ansprüchen (siehe Hervorhebung) gegenüber der Kauffrau getroffen wurde, weil es in der Entscheidung nur darum geht, ob es eine Erlaubnis (= Weisung) für die Abbuchungen gab. Es geht also nicht darum, ob die Forderung rechtmäßig war oder nicht, sondern einzig um die Frage, ob es eine „Weisung“ für die Abbuchungen gab.
Also, selbst wenn ein Händler, dem ich Geld schulde, ein berechtigtes Interesse hat, sein Geld zu bekommen, rechtfertigt dies noch lange nicht die Belastung des Kontos von mir, auch wenn die Bankdaten dem Gläubiger bekannt sind. Daraus kann man entsprechend herauslesen, was dies erst recht für unerlaubte Abbuchungen von strittigen Forderungen bedeutet.
Die zum Urteil herausgegebene Pressemitteilung bingt es nochmal auf den Punkt:
"Der für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden: Ein Widerspruch gegen Kontobelastungen aufgrund Einzugsermächtigungslastschriften ist ohne Einhaltung einer bestimmten Frist bis zur Genehmigung der Belastungen durch den Kontoinhaber zulässig." (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 06. Juni 2000) |
Ein weiteres Thema sind die Kosten einer Lastschriftrückgabe. Ganz einfach: für den Zahlungspflichtigen sind Lastschriftretouren kostenlos, Rückgaben wegen Widerspruch sowieso. Gebühren für Rückgaben mangels Deckung dürfen von der Bank laut BGH-Urteil ebenfalls nicht mehr belastet werden (BGH 21.10.97 XI ZR 5/97).
Auch daraufhin von manchen Banken erdachte "Benachrichtigungsentgelte" etc. wurden vom BGH für unzulässig erklärt (BGH XI ZR 197/00 vom 13.2.2001), was einige Banken aber scheinbar nicht davon abhält, es trotzdem mit Entgelten oder angeblich pauschaliertem Schadenersatz zu versuchen. Ein solcher Fall wurde vom BGH am 8.3.2005 ebenfalls als unzulässig zurückgewiesen (BGH XI ZR 154/04).
(Quelle: Zahlungsverkehrsfragen.de)
(in dieser Verkürzung natürlich nicht für alle denkbaren Fälle ausreichend)
Man entdeckt (u.U. leider viel zu spät), dass es zu einer Abbuchung gekommen ist, zu der es keine Abbuchungserlaubnis gibt. Dann geht man am besten folgendermaßen vor:
Wird persönliches Vorsprechen verlangt oder auf die 6- bzw. 8-Wochenfrist verwiesen, dann:
Bei hohen Schadenssummen ist es sinnvoll, sich an den Artikel des Rechtsanwalts Stefan Richter in Berlin zu halten. Dieser beschreibt das genaue Vorgehen zur Dokumentation des Schadens, und auch, wie Sie den zu erwartenden Beratungsfehler der Bank glaubhaft dokumentieren, damit Ihr Anwalt anschließend die Bank notfalls gerichtlich zur Rückbuchung zwingen kann.
Wir halten es für wichtig, auch bei vermeintlich geringen Summen sein Recht einzufordern. Die Umwelt soll ruhig mit bekommen, dass Sie ein ernst zu nehmender Vertragspartner sind und nicht ein Bittsteller. Notfalls hilft das nochmalige persönliche Vorsprechen bei der Bank und das Vorzeigen dieses ausgedruckten Artikels, besonders der Hinweis auf das BGH-Urteil.
Im Rahmen der europäischen Angleichungen hat sich auch das Lastschriftverfahren in Deutschland geändert. Das Schlagwort hierzu heißt „SEPA-Verfahren“ (SEPA = Single Euro Payments Area). Mehr dazu in dem Wiki-Artikel Lastschrift.
Danke an all die Menschen, die sich die Mühe gemacht haben und Artikel zur Aufdeckung des 6-Wochenmärchens geschrieben haben.
Hier mein besonderer Dank an die Quellen, aus denen ich mich bedienen konnte, im besonderen:
Den User KatzenHai, der im Forum von Computerbetrug einen Grundsatzartikel eingestellt hat.
An die Autoren der Seite zahlungsverkehrsfragen.de, Christian Bartsch und Stefan Krieg für die hervorragenden und informierenden Seiten zum Thema Zahlungsverkehr.
An Stefan Richter, auf dessen Seite man für lange Zeit das weitreichende BGH-Urteil zum 6-Wochen-Märchen noch finden konnte. Mittlerweile hat auch das BGH die Entscheidung wieder online, daher wird nun darauf verweisen.
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