Ein Cold Call (= Kaltanruf) ist die Bezeichnung für einen unerlaubten Werbeanruf eines Call-Centers oder eines Unternehmens an einen möglichen Kunden, ohne dass vorher eine Geschäftsbeziehung bestand bzw. die ausdrückliche Erlaubnis für Werbeanrufe dieses Unternehmens erteilt wurde. |
In erster Linie handelt es sich um eine Überrumpelungstaktik. Der angerufene ist auf die Verkaufssituation nicht eingestellt, er hat keine Möglichkeit, innerhalb der wenigen Minuten des Verkaufsgesprächs Informationen über den Anbieter oder Vergleichsangebote einzuholen. In den allermeisten Fällen werden bei Cold Calls Dienstleistungen oder Waren verkauft, die entweder völlig nutzlos sind, oder die ein schlechtes Preis-Leistungs-Verhältnis haben und daher im regulären Verkauf keine Chance hätten. Der Verkäufer nutzt die Überrumpelungssituation, mit der er sein Angebot außerhalb der Konkurrenz vorstellt.
Derzeit finden weit über 90 % aller Cold Calls im Rahmen von Werbung für sogenannte "Gewinnspieleintragsdienste" statt. Diese sogenannten "Gewinneinträge" bieten prinzipiell in den meisten Fällen keinerlei Gegenleistung für das eingezahlte Geld, sondern die eingezahlten Beträge verschwinden abzüglich der Provisionen für die Callcenter direkt auf ausländischen Konten.
Ein typischer "Gesprächsleitfaden" zum Verkauf so eines obskuren Gewinnspieldienstes wird hier vorgestellt. Dort wird die teils regelrecht betrügerische Taktik dieser Gesprächsführung nur zu offensichtlich.
Eine Zusammenfassung der verschiedenen Abzockmethoden bei unlauteren Werbeanrufen finden Sie hier.
Dazu gibt es mehrere Erklärungsmöglichkeiten. Eine sehr häufige Erklärung ist eine eventuell vorausgegangene Teilnahme an irgendeinem "Gewinnspiel", etwa für ein Auto, welches in der Bahnhofshalle oder im Supermarkt ausgestellt ist, und wo man Teilnahmekarten mit sämtlichen Daten auszufüllen hat. In der Regel wird hierbei auch die Telefonnummer abgefragt. Datenhändler kaufen diese Daten dann auf, bzw. der Veranstalter des Gewinnspiels ist selbst Datenhändler. Diese Gewinnspiele dienen in aller Regel keinem anderen Zweck, als an Ihre Daten zu kommen. Unter Umständen kann ein Datenhändler die Informationen auch mit weiteren Daten "anreichern", indem er mehrere Datensätze aus verschiedener Quelle miteinander abgleicht und kombiniert.
Ein Einverständnis in telefonische Werbung, welches Sie eventuell auf der Teilnahmekarte erteilt haben, ist zwar rechtlich komplett ungültig, weil ein "pauschales" Einverständnis nicht wirksam ist, sondern ein Einverständnis immer nur gegenüber dem jeweiligen Unternehmen selbst erklärt werden kann, nicht aber automatisch für alle Werbepartner. Aber die Datenhändler scheren sich nicht um die geltende Rechtsprechung, weil das Risiko, deswegen belangt zu werden, extrem gering ist gegenüber den zu erzielenden Profiten.
Eine andere Datenquelle sind leider Firmen, welche illegal Daten weiterverkaufen, oder welche Sicherheitslöcher in der Handhabung der Daten haben. Dass so etwas kein Einzelfall ist, zeigen die zurückliegenden Datenskandale, soweit sie überhaupt aufgedeckt wurden. Besonders die Klassenlotterien und ihre Spielvermittler haben sich hier leider besonders negativ hervorgetan. Sollten Sie also in der Vergangenheit einmal SKL/NKL im Abo gespielt haben, kann es sehr gut sein, dass von Ihnen ein kompletter Datensatz inklusive Adresse, Telefonnummer und Kontonummer in freier Wildbahn bei den Datenhändlern kursiert. Aber auch andere Firmen sind durch illegalen Datenhandel bzw. Sicherheitslecks aufgefallen.
Möglichkeiten, sich zu wehren, finden Sie unter dem Stichpunkt Abwehr von Cold Calls!
Lesen Sie dazu den Artikel: Vorbeugung gegen Cold Calls.
Cold Calls gegenüber Verbrauchern sind ohne deren Einwilligung gesetzlich verboten gemäß §7 UWG (Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb). Dort heißt es:
§ 7 UWG: (1) Eine geschäftliche Handlung, durch die ein Marktteilnehmer in unzumutbarer Weise belästigt wird, ist unzulässig. Dies gilt insbesondere für Werbung, obwohl erkennbar ist, dass der angesprochene Marktteilnehmer diese Werbung nicht wünscht. (2) Eine unzumutbare Belästigung ist stets anzunehmen
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Das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) finden Sie hier.
Auch gegenüber Gewerbetreibenden gilt ein weitgehendes Verbot unverlangter Werbeanrufe. In einem Artikel auf Heise.de heißt es dazu:
"Nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (Az. 6 U 36/03) vom 24. Juli 2003 stellt unaufgeforderte Telefonwerbung ("Cold Calls") auch im gewerblichen Bereich einen Verstoß gegen Paragraf 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) dar. Das Gericht bestätigte damit die herrschende Rechtsprechung zu so genanntem 'Telefon-Spam'." (Quelle: Artikel auf heise.de) |
Das UWG wurde zwar zwischenzeitlich novelliert, aber nach einhelliger Meinung vieler Juristen hat sich an dendem Urteil zugrunde liegenden Rechtsgrundsätzen durch die Novelle nichts geändert. Entgegen oft gehörten Behauptungen unlauterer Marketing-Firmen sind solche Werbeanrufe an Gewerbetreibende also nur dann zulässig, wenn der Anrufs sich inhaltlich unmittelbar auf den Kernbereich der ausgeübten Geschäftstätigkeit bezieht.
Die Grenzen werden hier durch die Rechtsprechung sehr eng gezogen.
Beispiele:
Eine genauere Abhandlung über die Rechtsprechung zu diesem Thema finden Sie hier: Werbeanrufe an Gewerbebetriebe
Urteile bezüglich unlauterer Telefonwerbung finden Sie in unserer Urteilsdatenbank.
Immer wieder wird von Werbetreibenden der Einwand gebracht, der Anruf sei nicht rechtswidrig, da man ja beim Gewinnspiel xy sein Einverständnis in Werbeanrufe erteilt habe. Dieser Einwand ist jedoch so nicht haltbar. Gemäß geltender Rechtsprechung gibt es nur einen ganz engen Spielraum, unter dem so ein Einverständnis überhaupt wirksam ist. In jedem Fall kann es ein "pauschales Einverständnis" in Telefonwerbung durch Werbepartner nicht geben, da ein Einverständnis nur gegenüber dem einzelnen Unternehmen erteilt werden kann, und da ein gewisser Zusammenhang mit der bestehenden Geschäftsbeziehung erkennbar sein muss.
Aber auch, wenn eine Geschäftsbeziehung besteht, ist damit nicht automatisch gesagt, dass Werbeanrufe zulässig sind.
Hierzu eine Sammlung von Urteilen:
BGH I ZR 241/97 (betr.: Telefon-Werbung) vom 27.01.2000: Ein "außerhalb einer Versicherungsfragen betreffenden laufenden Geschäftsverbindung" unaufgefordert und ohne Einverständnis erfolgter Telefonanruf zu dem Zweck, einen Besuchstermin zu vereinbaren, der dem Abschluss eines Versicherungsvertrages dienen soll, ist wettbewerbswidrig i. S. des § 1 UWG. Eine vorformulierte Klausel in einem Antrag auf Eröffnung eines Sparkontos, in der der Kunde sich mit der persönlichen und telefonischen Beratung in Geldangelegenheiten durch die Bank einverstanden erklärt, stellt kein wirksames Einverständnis mit einer solchen Telefonwerbung dar. |
BGH XI ZR 76/98 (betr.: Werbe-Klauseln) vom 16.03.1999: Für die von einem Verwender vorformulierten einseitigen rechtsgeschäftlichen Erklärungen des Kunden: die weder eine Nebenabrede enthalten noch zum notwendigen Inhalt eines gleichzeitig abgeschlossenen Vertrages gehören, aber im Zusammenhang mit der vertraglichen Beziehung stehen, gilt das AGBG entsprechend. Eine vorformulierte Klausel, in der der Kunde sein Einverständnis mit telefonischer Werbung erklärt, enthält eine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 9 AGBG. |
OLG Hamburg 5 U 260/08, (betr.: Werbe-Einwilligungsklauseln) vom 04.03.2009: Die Einwilligung von Verbrauchern in Werbeanrufe kann zwar grundsätzlich durch eine vorformulierte Klausel erfolgen, jedoch seien die jeweils verwendeten Klauseln auf Wettbewerbswidrigkeit zu prüfen. Die im Adressfeld einer Gewinnspielkarte verwendete Klausel, die hinsichtlich der Angabe der Telefonnummer vorsah: "zur Gewinnbenachrichtigung und für weitere interessante telefonische Angebote der (...), freiwillige Angabe, das Einverständnis kann jederzeit widerrufen werden", ist allerdings unwirksam. Das Gericht fand sie zu weitgehend, denn sie erlaube jegliche Werbeanrufe „aus dem Abonnementbereich“, also z.B. auch Angebote zum Bezug anderer Medien als Druckschriften oder sogar die Bewerbung gänzlich anderer Waren und Dienstleistungen, die mit Abo-Verträgen in irgendeinem entferntestem Zusammenhang stehen, beispielsweise Prämien für die Gewinnung neuer Abonnenten oder weitere Gewinnspiele. Damit gehe die Klausel deutlich über den Zweck eines Zeitschriften-Gewinnspiels hinaus. |
OLG Hamm 4 U 78/06, (betr.: Adressenhandel im Telefonmarketing) vom 15.08.2006: Vorformulierte Klauseln in AGB, nach denen sich ein Verbraucher mit telefonischen Werbekontakten einverstanden erklärt, sind unwirksam. Wenn man die Einverständniserklärung des Verbrauchers dahin auslegen sollte, dass er auch mit der Werbung von Drittanbietern für andere Vertragsgegenstände einverstanden sei, wäre die Einwilligung zudem deshalb unwirksam, weil sie den Kunden unangemessen benachteilige. Denn für einen Verbraucher werde es angesichts des bestehenden Adressenhandels unüberschaubar, wer sich auf ein solches Einverständnis berufen könnte. Der Schutz des Verbrauchers vor belästigenden Anrufen wäre dadurch ausgehöhlt. |
LG Bonn 11 O 66/06, (betr.: Einwilligunsgklauseln) vom 31.10.2006: Eine formularmäßig eingeholte Einwilligung von Verbrauchern, die zu uneingeschränkter telefonischer Werbung berechtigten soll, verstößt gegen §§ 4,41 Bundesdatenschutzgesetz und ist unwirksam.
Eine ohne sachlichen Zusammenhang in AGB eingebaute Einwilligungsklausel verstößt gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB) |
LG Düsseldorf 38 O 145/06, (betr.: Telefon-Werbung) vom 07.03.2007: Dem Verbraucher wird die mögliche Tragweite einer auf Gewinnspielkarten abgegebenen pauschalen Zustimmung zu Telefonmarketing nicht deutlich. Der Beklagten und den von ihr beauftragten Unternehmen muss bekannt sein, dass es sich jedenfalls um "erschlichene" Einverständniserklärungen handelt, aus denen keinerlei Rechte hergeleitet werden dürfen. |
LG Hamburg 315 O 869/07, (betr.: Einwilligungserklärung auf Gewinnspielkarten) vom 14.02.2008: Einwilligunsgerklärungen auf Gewinnspielkarten, bei denen die Einwilligung sich auch auf Telefonanrufe bezieht, die keinen sachlichen Zusammenhang mit dem Gewinnspiel haben, sind unwirksam. |
LG Hamburg 312 O 645/02, (betr.: Telefonwerbung, Boesche/NKL/SKL) vom 17.02.2004: Verbot der telefonischen Kontaktaufnahme zu Werbezwecken ohne vorheriges Einverständnis des Angerufenen; Unwirksamkeit formularmäßiger Klauseln |
LG Traunstein 7 O 318/08,(betr.: Sorgfaltsanforderungen bei Kauf von Adressdaten) vom 20.05.2008: ein Adresskäufer darf sich nicht auf die Zusicherung des Verkäufers verlassen, dass sämtliche Daten rechtlich einwandfrei sind. Vielmehr trifft den Käufer eine eigene Prüf- und Kontrollpflicht. |
--Truelife 15:26, 4. Nov. 2006 (CET)