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Verjährung


Dieser Artikel behandelt den Begriff der "Verjährung" im deutschen Recht. Im wesentlichen wird dabei auf die Anwendung im Verbraucherrecht eingegangen.

Inhaltsverzeichnis

Verjährung

Neben dem Rechtsbegriff der Verwirkung dient auch die hier beschriebene "Verjährung" dem Zweck der Aufrechterhaltung des allgemeinen Rechtsfriedens. Daher gibt es eine Regelung, die besagt, dass ein eigentlich bestehender Rechtsanspruch nach Ablauf einer gewissen Zeit (Verjährungsfrist) nicht mehr gerichtlich durchsetzbar ist. Damit wird z.B. verhindert, dass wegen uralter Ansprüche unter Umständen noch die Erben oder Enkel-Erben des Schuldners jahrzehntelang oder jahrhundertelang haftbar gemacht werden können. Es wird aber auch eine gewisse Rechtssicherheit hergestellt, weil nach einer längeren abgelaufenen Zeit ansonsten die Beweislage für alle Beteiligten schwierig sein kann: Dokumente sind vielleicht nicht mehr verfügbar, Zeugen können sich irgendwann nicht mehr erinnern oder machen widersprüchliche Angaben u.s.w. Daher war es auch der Wille des Gesetzgebers, komplexe Rechtsstreitigkeiten wegen Uraltforderungen weitgehend zu vermeiden.

Bezüglich der Verjährung ist es notwendig, dass der in Anspruch Genommene (also: der Beklagte vor Gericht) aktiv "einredet", also: selbständig die Einrede der Verjährung vorbringt, um sein Leistungsverweigerungsrecht in Anspruch zu nehmen. Unterlässt er dies, so wird dieses Recht vom Gericht nicht berücksichtigt.

Die Rechtsgrundlage der Verjährung im Verbraucherrecht wird in den §§ 194 ff. BGB geregelt:

                § 194 Gegenstand der Verjährung:

(1) Das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen (Anspruch), unterliegt der Verjährung.

                § 195 Regelmäßige Verjährungsfrist:

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

                § 199 Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist und Verjährungshöchstfristen:

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem
1. der Anspruch entstanden ist und
2. der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. [...]

Die weiteren hier der Kürze halber nicht zitierten Absätze 2 und 3 des § 199 BGB beschreiben abweichende Verjährungsfristen z.B. für Erbfälle oder Schadenersatzansprüche aus Körperverletzung u.s.w., die aber für das Verbraucherrecht nicht einschlägig sind. Das Verbraucherrecht ist Teil des Zivilrechts; für andere Rechtsbereiche wie z.B. Strafrecht, Sozialrecht etc. gelten andere Verjährungsregeln.

Verjährungsfrist

Wie oben ersichtlich, beträgt die übliche Verjährungsfrist (zumindest bei den üblichen Verbraucherverträgen) drei Jahre. Es gibt jedoch wichtige Ausnahmen, wo längere Fristen gelten, diese werden weiter unten beschrieben. Wichtig ist vor allem die Ausnahme bei Verbraucherdarlehensverträgen (auch Überziehungskredit beim Girokonto!), siehe unten.

Beginn der Verjährungsfrist

Man rechnet vom Ende des Kalenderjahrs ausgehend, in dem der Anspruch entstanden ist bzw. der Forderungssteller "Kenntnis haben musste", 3 volle Kalenderjahre hinzu.

Also: ein Anspruch, der im Jahr 2008 entstanden ist, war zum 01.01.2012 mit dem Silvestergongschlag verjährt. Beginn der Frist: 01.01.2009, Ablauf der Frist: 31.12.2011.

Ausnahmen, abweichende Verjährungsfristen

Von der üblichen Verjährungsfrist des BGB von 3 Jahren gibt es einige wichtige Ausnahmen. Im wesentlichen sind das:

  • Baurecht
  • Erbrecht
  • Rechte an einem Grundstück
  • Schadenersatzforderungen bei Körperverletzung

Ausführlich wird über diese Ausnahmen im Artikel über die Verjährung bei Wikipedia eingegangen.

Und, eine wichtige Ausnahme für Verbraucher:

  • Verbraucherdarlehensverträge. Mehr dazu im Folgenden.

Ausnahme: Hemmung der Verjährung bei Verbraucherkreditverträgen

Zu den Verbraucherkreditverträgen zählen neben den verbreiteten Ratenkäufen auch Überziehungskredite bei Girokonten. Für diese Fälle greift § 497 BGB! Es gilt eine zehnjährige Hemmung, bevor überhaupt die regelmäßige Verjährungsfrist des BGB zu laufen beginnt.

Das heißt zum Beispiel: bei einem nicht rückbezahlten Überziehungskredit kann Ihre Bank nach Kündigung des Kontos noch bis 13 Kalenderjahre nach der Kündigung bei Ihnen das Geld mit gerichtlichem Mahnverfahren eintreiben bzw. Klage einreichen, und Sie haben keine Möglichkeit, sich mit der Verjährungseinrede dagegen zu wehren. Erst mit dem Beginn des 14. Kalenderjahrs nach Kündigung tritt die Verjährung ein.

Leider gibt es bei einigen Banken Fälle, wo versucht wird, angebliche oder tatsächliche Altschulden aus solchen Überziehungskrediten z.B.noch 9 Jahre nach der Kündigung einzutreiben. Oft haben die Betroffenen inzwischen die Kontoauszüge und sonstigen Dokumente weggeworfen.

Wir empfehlen daher, nach Kündigung eines Girokontos immer mindestens den letzten Kontoauszug sowie auch die Schlussabrechnung der Bank 14 Jahre lang aufzubewahren. In diesem Fall sind Sie immer auf der sicheren Seite und können die Mondforderung der Bank elegant kontern. Jedoch kann man solche obskuren Forderungen der Banken auch über das Instrument der Einrede der Verwirkung kontern, auch wenn man dummerweise die Kontoauszüge nicht mehr hat. Mehr dazu im Artikel über die Verwirkung in dem dort aufgeführten Fallbeispiel. So etwas sollten Sie allerdings einen Anwalt erledigen lassen.

Sehr einfach liegt der Fall dagegen dann, wenn Sie niemals bei der betreffenden Bank ein Konto hatten. Ja, auch solche Fälle gibt es, wo sich irgendwelche Banken dann nicht entblöden, an Unbeteiligte über einen Mahn-Anwalt irgendwelche Mondforderungen anzumahnen. Egal ob verjährt oder nicht verjährt: so eine Forderung ist natürlich gegenstandslos. Sie können dem Mahn-Anwalt mitteilen, dass Sie die Forderung vollumfänglich bestreiten, weil Sie bei der Soundso-Bank niemals ein Konto geführt haben. Weitere Mahnbriefe des Anwalts können Sie ignorieren, bei Mahnbescheid reichen Sie Widerspruch innerhalb 14 Tagen ein.

Wenn die Bank jedoch bei der Fälligstellung nicht gemahnt hat: keine 10-jährige Hemmung!

Wichtige Anmerkung für folgenden Fall: Die Bank hat nur fällig gestellt, aber nicht gemahnt - dann greift wiederum doch die 3-jährige Regelverjährungsfrist!

Wenn die Bank bzw. der Ratenverkäufer den Kreditvertrag gekündigt hat und den Restbetrag "sofort fällig" gestellt hat, jedoch Ihnen keine Mahnung geschickt hat, dann greift nach einem Urteil des OLG Franfkurt doch wiederum die nur 3-jährige BGB-Regelverjährung ohne 10-jährige Hemmung. Die "Fälligstellung" allein ist nicht mit einer Mahnung gleichzusetzen, daher entsteht aus der Fälligstellung allein kein Zahlungsverzug. Ohne Zahlungsverzug entsteht jedoch keine 10-jährige Hemmung.

Urteil des OLG Frankfurt am Main (23 U 68/12, vom 19.11.2012)
Quelle: anwalt.de, Urteilstext bei openjur.de

Dieses Urteil ist leider an vielen Stellen nicht bekannt, selbst viele Rechtsanwälte werden es wohl nicht kennen. Drucken Sie den Artikel daher am besten aus und fragen Sie Ihren Anwalt, ob Sie sich in Ihrem Fall auf dieses Urteil und damit auf die Verjährung berufen können.

Hemmung der Verjährung

Bei einer Verjährungsfrist, die am 31.12.2011 ausgelaufen war, hätte der Forderungssteller noch bis zu diesem Silvestertag entweder Klage einreichen oder einen Mahnbescheid beantragen müssen. Bei rechtzeitiger Beantragung wird dann die Verjährung für 6 Monate gehemmt, während dieser Zeit hat der Forderungssteller Gelegenheit, die Sache gerichtlich weiterzuverfolgen. Wenn der Schuldner nicht reagiert (kein Widerspruch auf Mahnbescheid oder Vollstreckungsbescheid), oder wenn der Forderungssteller Klage einreicht und den Prozess gewinnt, dann hat er einen gerichtlichen Titel in der Hand, der 30 Jahre gültig ist. Solange könnte er dann beim Schuldner immer wieder versuchen, zu pfänden.

Wenn er aber z.B. erst am 04.01.2012 (zu spät) die Klage eingereicht hat, dann ist die Verjährung schon eingetreten. Der Schuldner muss nur die Verjährungseinrede bringen. Dann muss das Gericht nicht mehr prüfen, ob überhaupt der Anspruch bestanden hat oder nicht. Der Forderungssteller verliert, er hat nach abgelaufener Verjährungsfrist keine Chance mehr, gegen die Verjährungseinrede vom Schuldner die Zahlung gerichtlich durchzusetzen, solange dieser nach eingetretener Verjährung nichts anerkannt und keine Zahlungen geleistet hat.

Neubeginn der Verjährung

Es gibt seltene Fälle, wo eine bereits eingetretene Verjährung tatsächlich einmal neu beginnen kann. Im Regelfall, d.h. wenn der in Anspruch Genommene keine groben Fehler macht, tritt ein solcher Fall allerdings nicht ein.

Der Neubeginn der Verjährung wird in § 212 BGB geregelt. Einen Neubeginn gibt es im wesentlichen nur dann, wenn der Schuldner aus unerfindlichen Gründen nach bereits eingetretener Verjährung eine Teilzahlung geleistet oder irgendein Anerkenntnis unterschrieben hat, oder wenn er auf eigene Initiative hin Verhandlungen wegen der Zahlung aufgenommen hat. Das alles muss der Schuldner jedoch bei längst eingetretener Verjährung gar nicht tun, und das wird er in der Regel wohl auch nicht tun. Also handelt es sich hier um sehr seltene Ausnahmen, die im Regelfall nicht greifen.

Neubeginn der Verjährung bei unterschriebener Ratenzahlungsvereinbarung!

Gefährlich wird es für den Verbraucher jedoch dann, wenn er nach eingetretener Verjährung die sogenannten "Ratenzahlungsvereinbarungen" unterschreibt, die von vielen Anwälten und Inkassobüros gern den Mahnbriefen beigelegt werden. Diese Vereinbarungen enthalten meist einen bösartigen Pferdefuß, nämlich: ein Forderungsanerkenntnis. Wenn Sie so etwas völlig unnötig und ohne Prüfung durch eine Rechtsberatung unterschreiben, dann führt das zu mehreren unangenehmen Folgen für Sie:

  • Sie erkennen der Gegenseite einen Anspruch an, den die möglicherweise vorher gar nicht hatte!
  • Sie nicken mit der Vereinbarung oft auch noch völlig überzogene Nebenforderungen und Zinsforderungen ab, die der Gegenseite eigentlich ebenfalls nicht zustehen! Dazu gehören z.B. gern kreative Sonderposten wie "Kontoführungsgebühren" oder irgendwelche merkwürdigen Posten, die mit Abkürzungen wie "KtFktGeb", "EingGeb" u.a. verschleiert werden. Erst diese Mondgebühren machen aus einer harmlosen Hauptforderung teilweise eine vierstellige Gesamtforderung, die Sie der Gegenseite mit Ihrer Unterschrift grundlos, aber nicht folgenfrei zugestehen!
  • Und, was das schlimmste ist: bei längst eingetretener Verjährung bewirken Sie mit der Unterschrift unter die Vereinbarung, dass gemäß § 212 BGB die Verjährung neu zu laufen beginnt!

Also: Finger weg von diesen Ratenzahlungsvereinbarungen!

Auch, wenn die Forderung möglicherweise berechtigt ist, erkennen Sie der Gegenseite mit der Vereinbarung oft Zusatzkosten an, die ihr gar nicht zustehen! Unterschreiben Sie so etwas bitte niemals ohne Prüfung durch eine Rechtsberatung! Es gibt nicht den geringsten Grund, so ein Giftblatt zu unterschreiben, nur "um des lieben Friedens willen", und um "seine Ruhe zu haben".

Wenn Sie dummerweise so eine Vereinbarung unterschrieben haben, können Sie mit anwaltlicher Hilfe bei einer unberechtigten Forderung sehr oft doch noch die Vereinbarung z.B. wegen Sittenwidrigkeit etc. anfechten. Das muss allerdings gut begründet werden und ist ein Stück weit auch Ermessenssache des Gerichts, ob Sie damit durchkommen, aber bei hohen Forderungen sollten Sie es nicht unversucht lassen.

Mahnbescheid bei verjährter Forderung

Es ist in Deutschland nicht verboten, bei einer eigentlich längst verjährten Forderung einen Mahnbescheid zu beantragen! Und: auch bei einer verjährten Forderung wird, wenn Sie auf den Mahnbescheid nicht reagieren, die unheilvolle Spirale der Zwangsvollstreckung in Gang gesetzt - wenn Sie dem darauffolgenden Vollstreckungsbescheid auch nicht widersprechen.

Auch eine längst verjährte Forderung kann zwangsvollstreckt werden, wenn Sie sich nicht wehren!

Daher müssen Sie auch bei einer verjährten Forderung gegen einen Mahnbescheid innerhalb von 14 Tagen Widerspruch einreichen!


Populäre Irrtümer und Märchen im Zusammenhang mit der Verjährung

Märchen 1
"Mahnung hemmt die Verjährungsfrist"
Immer wieder wird besonders von unseriösen Inkassobüros das Schauermärchen in die Welt gesetzt, dass angeblich die Verjährungsfrist "unterbrochen" werde, nur weil das Inkassobüro jetzt so einen schönen bösen Mahnbrief geschrieben habe. Das ist jedoch mitnichten der Fall. Es steht nirgends in der ZPO oder im BGB, dass ein einfaches Mahnschreiben als nicht-prozessuale (außergerichtliche) Handlung den Lauf der Verjährungsfrist hemmt oder unterbricht. Die Verjährungsfrist wird auch dann nicht unterbrochen, wenn sich der "Schuldner" auf die Mahnung hin nicht äußert. Ein einfacher Mahnbrief ist hier vollkommen uninteressant, auch wenn er Ihnen am 31.12. kurz vor dem Ablauf der Verjährungsfrist ins Haus flattert. Maßgeblich ist nur, ob die Gegenseite noch in den letzten Dezembertagen vor Ablauf der Verjährungsfrist eine "prozessuale Handlung" vornimmt, und das heißt: entweder den Mahnbescheid beantragt, oder die Klage am Gericht einreicht. Nur dann gibt es eine Hemmung um 6 Monate. Normale Mahnbriefe dagegen sind keine prozessualen Handlungen und haben keinen Einfluss auf den Fristablauf.

Märchen 2
"Mahnung führt zum Neubeginn der Verjährung"
Auch das ist Quatsch. Eine Mahnung ist keine "prozessuale Handlung" und keine "Vollstreckungshandlung" im Sinne des § 212 BGB, und daher beginnt nach bereits eingetretener Verjährung diese nicht erneut. Die Verjährung beginnt auch dann nicht erneut, wenn sich der "Schuldner" auf die Mahnung hin nicht äußert. Es sei denn, der Schuldner ist so dumm und unterschreibt eine Ratenzahlungsvereinbarung mit Forderungsanerkenntnis, oder leistet eine Teilzahlung, oder widerspricht einem Mahnbescheid nicht. Aber es steht nicht im BGB oder in der ZPO, dass der Schuldner gefälligst so dämlich zu sein habe und dies tun müsse. Folglich greifen diese Ausnahmen im Regelfall nicht.

Märchen 3
"Mahnbescheid führt zwingend zum Neubeginn der Verjährung"
Auch das ist falsch. Ein Mahnbescheid ist noch keine Vollstreckungshandlung nach § 212 BGB und kann daher die Verjährung nicht erneut in Gang setzen. Nur wenn der Schuldner dem Mahnbescheid nicht widerspricht, und dem anschließenden Vollstreckungsbescheid auch nicht, dann entsteht ein Vollstreckungstitel, und es kann gepfändet werden.

Märchen 4
"Nichtreaktion auf Mahnung führt zum Neubeginn der Verjährung"
Wieder einmal ein Ammenmärchen, wie es besonders von Inkassobüros oft gestreut wird. Es steht nirgends in der ZPO oder im BGB, dass bei Nichtreaktion des Schuldners auf eine Mahnung die Verjährung neu in Gang gesetzt wird. Das passiert nur bei den eng umrissenen Voraussetzungen des § 212 BGB, und die Nichtreaktion auf ein albernes Mahnschreiben bei einer Uraltforderung gehört ersichtlich nicht dazu.

Fallbeispiele

Im folgenden wird die Verjährung und besonders der Beginn der Verjährungsfrist an Beispielfällen anschaulich erklärt.


Fall1

Die Schadenersatzforderung nach Jahren
Erna C. geht zum Rechtsanwalt und lässt diesen einen bösen Brief an ihren Nachbarn, Jakob A, schreiben. Der Nachbar A. habe auf seinem Grundstück unmittelbar an der Grundstückgrenze einen Knallerbsenstrauch angepflanzt. Die platzenden Knallerbsen hätten ihren schönen Maschendrahtzaun durch Oxidation beschädigt. Erna C. bringt die Zeugin F. auf, diese bestätigt, vor 2 Jahren entsprechende Schäden am Zaun der C. gesehen zu haben. A. jedoch macht geltend, den Strauch bereits vor 5 Jahren, ausgelöst durch die damaligen Streitereien, entfernt zu haben, um den Frieden nicht dauerhaft zu stören. Dies wird durch den Zeugen D. auch bestätigt. Mithin kann ein Schaden am Zaun entweder schon vor 5 Jahren oder früher entstanden sein.

Der Rechtsanwalt der C. macht geltend, dass noch keine Verjährung eingetreten sei. Zwar sei der Schaden bereits vor Jahren entstanden, seine Mandantin habe diesen Schaden aber erst vor 2 Jahren festgestellt. Mithin sei der Schaden zwar bereits vor 5 Jahren entstanden, aber trotzdem sei noch keine Verjährung eingetreten, weil seine Mandantin erst vor 2 Jahren "von den den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt" hat.

Die Parteien streiten aber auch wegen des Schadens selbst. A. macht geltend, dass die C. bereits den Zaun repariert habe, und dass nunmehr der Schaden, falls überhaupt ein solcher bestanden habe, nicht zu beziffern sei. C. habe ohne Notwendigkeit den gesamten Zaun ausgetauscht, es hätte auch gereicht, ein Teilstück zu ersetzen. Wenn überhaupt ein nennenswerter Schaden bestanden habe, was er bestreite.

A. befragt nun seinen Zeugen D. Dieser kann sich erinnern, dass damals vor 5 Jahren im Rahmen der Streitereien die Frau C. durchaus einen angeblichen Schaden an ihrem Zaun gerügt hatte. Die C. habe dem A. damals schon mündlich angedroht, ihn verklagen zu wollen.

Die rechtliche Prüfung ergibt daher folgendes:

  • Der Anspruch ist verjährt. Die glaubhafte Zeugenaussage des D. ergibt, dass die C., die Klägerin, eben doch entgegen ihrer Behauptung bereits seit 5 Jahren Kenntnis von einem angeblichen Schaden am Zaun gehabt haben muss. Zudem müsste sich die C. selbst ohne die Zeugenaussage des D. ihren Fehler vorhalten lassen, dass sie im Rahmen der Streitigkeit damals nicht sofort den Zaun auf Schäden untersucht hat. Da die C. erwiesenermassen bereits vor 5 Jahren von den "den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt" hat oder zumindest hätte erlangen müssen, ist der Anspruch jetzt verjährt. Die Frage, ob ein Schaden am Zaun tatsächlich vorliegt oder vorgelegen hat, und wie hoch dieser Schaden zu beziffern ist, ist damit jetzt ohne Belang, darum muss sich das Gericht jetzt nicht mehr kümmern. C. hat keinen Anspruch auf Schadenersatz.


Fall 2

Zahlungsforderung wegen Versandhausbestellung nach Jahren, Mahnung und Mahnbescheid führen nicht zum Neubeginn der Verjährung
Monika F. erhält ein bitterböses Mahnschreiben des Anwalts R. Sie habe vor 9 Jahren beim Versandhaus Qualle ein Kleid für 429 Euro bestellt, dieses jedoch nicht bezahlt. Die Altforderungen des insolventen Versandhauses Qualle wurden auf ihn, den Anwalt, übertragen, und er vertrete jetzt diese Forderungen aus abgetretenem Recht. Er fordere F. auf, umgehend die Forderung nebst Zinsen und Anwaltskosten zu begleichen, ansonsten werde er F. bei der Schufa eintragen, Mahnbescheid beantragen, den Gerichtsvollzieher in Marsch setzen, u.s.w.

Monika F. kann sich beim besten Willen nicht daran erinnern, jemals bei der Qualle etwas bestellt und geliefert bekommen zu haben. Sie weiß, dass sie nicht an Alzheimer leidet, und betrachtet daher die Forderung als das, was sie tatsächlich auch ist: nämlich als gegenstandslos. Sie reagiert nicht auf die Forderung.

Nach 2 Wochen kommt ein neuer Anwaltsbrief von Kanzlei R. Hier trommelt R. jetzt noch heftiger. Die Tatsache, dass F. sich nicht äußere, zeige, dass sie die Forderung im Grunde anerkenne, aber zahlungsunfähig sei. Er beabsichtige jedoch nicht, auf die Forderung zu verzichten. Er sei aber eigentlich ein netter und guter Mensch, und weil er es gut mit F. meine und ihr die Peinlichkeiten des Vollstreckungsverfahrens ersparen wolle, biete er ihr an, dass sie doch bitte die beiliegende Ratenzahlungsvereinbarung mit Forderungsanerkenntnis unterschreiben möge und fortan monatliche Raten von 54 Euro bezahlen möge.

F. betrachtet auch diesen Brief als das, was er ist: Mumpitz. Die Tatsache, dass sie sich nicht äußert, "beweist" keineswegs, dass sie die Forderung anerkennt. "Schweigen im Rechtsverkehr bedeutet kein Anerkenntnis", das lernt eigentlich jeder Jurist in den ersten Semestern auf der Universität. Der Mahn-Anwalt R. weiß das natürlich auch, aber er hofft, die F. mit dem Unsinn beeindrucken zu können. Jedoch hat sich die F. bei ihrem Onkel, einem Rechtsanwalt, erkundigt. Auch dieser hat ihr bestätigt, dass die Forderung nicht nur völlig gegenstandslos ist, sondern auch noch obendrein längst verjährt.

Die Verjährungsfrist habe am 01.01. vor 8 Jahren zu laufen begonnen, und die Verjährung sei dann am 01.01. vor 5 Jahren eingetreten. Einen gerichtlichen Titel gibt es nicht, bisher auch keinen Mahnbescheid und auch keine Klage vor Gericht. Die letzte Gelegenheit, einen Mahnbescheid zu beantragen oder Klage einzureichen, hat die Qualle vor 6 Jahren am 31.12. verstreichen lassen.

F. brauche sich da keine Sorgen zu machen. Und vor allem solle sie nur ja nicht den dummen Fehler machen, die Ratenzahlungsvereinbarung zu unterschreiben. Denn damit würde sie dem R. nicht nur eine Hauptforderung anerkennen, die ihm gar nicht zusteht, sondern ihm auch noch seine völlig überzogenen Zins- und Nebenforderungen "einfach so" abnicken. Und, was das schlimmste wäre: durch die Unterschrift unter die Vereinbarung würde die eigentlich längst eingetretene Verjährung durch "Neubeginn" aufgehoben, § 212 BGB! Von dieser bösartigen Vereinbarung soll Frau F. also unbedingt die Finger weg nehmen. Aber die F. hatte ohnehin nicht vor, dieses Giftblatt zu unterschreiben. Wo es nämlich keinen Anspruch gibt, da gibt es auch nichts zu zahlen - auch nicht auf Raten.

Also: der Mahn-Anwalt R. ist bei F. an der Falschen. Sie zahlt nicht und reagiert auch nicht, denn das muss sie auch nicht. Das ärgert nun den R., dass seine Drohungen bei F. nicht fruchten, und jetzt legt er eine Schippe nach. Er beantragt den gerichtlichen Mahnbescheid gegen F. Folgerichtig kommt ein böser gelber Brief vom Amtsgericht mit dem Mahnbescheid ins Haus. F. erkundigt sich bei ihrem Onkel, was sie nun machen solle. Dieser rät ihr, innerhalb der Frist von 14 Tagen den Widerspruch auf dem Formular anzukreuzen, zu unterschreiben und an das Mahngericht zurückzuschicken. Begründen muss sie ihren Widerspruch nicht, denn das Mahngericht hat ja auch nicht geprüft, ob die Forderung rechtmäßig ist. Es ist nur ein "vereinfachtes Verfahren", wo nichts geprüft wird. Daher reicht hier der einfache Widerspruch, und Mahn-Anwalt R. kann ihr jetzt nicht den Gerichtsvollzieher auf den Hals schicken.

Jetzt will es der R. aber wirklich wissen. Er beantragt aufgrund des widersprochenen Mahnbescheids die "Überleitung ins streitige Verfahren". Damit muss der Streit vor Gericht entschieden werden.

R. verfasst eine Klageschrift, wo er sogar eine Bestellkarte präsentiert. Diese Bestellkarte trägt auch eine Unterschrift, diese Unterschrift erkennt Monika F. jedoch später einwandfrei als nicht ihre Unterschrift. Möglicherweise hat sich also eine unbekannte Drittperson unter Nutzung fremder Daten in Betrugsabsicht die Lieferung erschlichen. Anwalt R. behauptet in seiner Klageschrift jedoch auch, dass durch seinen Mahnbescheid angeblich die bereits abgelaufene Verjährung wieder neu begonnen habe, außerdem habe sich F. bisher nicht geäußert, auch daher dürfe er die Verjährung als aufgehoben betrachten.

Als die Klageschrift vom Gericht bei Monika F. ins Haus flattert, beauftragt sie einen Rechtsanwalt mit der Abwehr. Dieser verfasst eine Klageerwiderung. Zum einen rügt er, dass Mahn-Anwalt R. auch in seiner Klageschrift keine gültige Abtretungserklärung seitens der Qualle vorgelegt habe. Außerdem rügt er, dass die Unterschrift auf der Bestellkarte zum einen nicht entzifferbar sei und zum anderen auch nicht seiner Mandantin zuzurechnen sei, was er im Streitfall durch graphologisches Gutachten nachweisen könne, falls dies beantragt werde. Vor allem aber sei die Forderung längst verjährt. Der Mahnbescheid habe nicht zum Neubeginn der Verjährung geführt, auch habe sich seine Mandantin angesichts der klar unberechtigten und verjährten Forderung außergerichtlich nicht äußern müssen. Die Unterlassung einer Äußerung habe nicht zum Neubeginn der Verjährung geführt. Der Vollständigkeit halber rügt er noch die völlig überzogenen Nebenkosten der Forderung. Selbst für den Fall einer tatsächlich bestehenden Forderung seien die Zinsen zum größten Teil verjährt, und bei einer abgetretenen Forderung betreibe Mahn-Anwalt R. die Forderung in eigener Sache, daher stehen ihm gar keine Anwaltskosten zu.

Beim Gerichtstermin präsentiert Mahn-Anwalt R. immerhin die gültige Abtretungserklärung der Qualle. Trotzdem verliert er den Prozess, was vorhersehbar war. Mit der folgenden Begründung:

  • Der Anspruch ist verjährt. Die Verjährung war vor 5 Jahren zum 01.01. eingetreten. Die fehlende außergerichtliche Reaktion der F. führt nicht zum Neubeginn der Verjährung. Ein Neubeginn wäre nur eingetreten, wenn die F. ihrerseits Zahlungsverhandlungen aufgenommen hätte, oder wenn sie eine Teilzahlung geleistet hätte, oder wenn sie mit der Ratenzahlungsvereinbarung die Forderung anerkannt hätte. Nur dann würde die Verjährung gemäß § 212 BGB neu beginnen. Aber das alles hat Frau F. nicht getan, und das musste sie auch gar nicht tun.
  • Auch der Mahnbescheid führt nicht zum Neubeginn der Verjährung. Der Mahnbescheid ist noch keine "Vollstreckungshandlung" im Sinne des § 212 Abs. 1 Satz 1 BGB. Da F. dem Mahnbescheid korrekt widersprochen hatte, konnte keine Vollstreckungshandlung beantragt werden, folgerichtig gibt es auch keinen Neubeginn der Verjährung.
  • Die Frage, ob die Bestellkarte von F. unterschrieben wurde oder nicht, braucht angesichts der eingetretenen Verjährung vom Gericht nicht mehr geklärt zu werden. Das Gericht muss nicht mehr prüfen, ob der Anspruch bestanden hat oder bestanden haben könnte. Ebenso muss das Gericht nicht mehr die Zulässigkeit der Zinsforderung und der Anwaltsgebühren aus der Aufstellung des Mahn-Anwalts klären. Die Klage wird im vollen Umfang abgewiesen, die Kosten trägt allein der Mahnwalt R., auch die Anwaltskosten der Frau F. muss er zahlen.

Dieser Fall zeigt aber auch, dass es für Verbraucher teilweise extrem schädlich sein kann, diese bösartigen Ratenzahlungsvereinbarungen zu unterschreiben. Hätte Frau F. dies getan, so hätte sie nicht nur dem Mahn-Anwalt eine nicht bestehende und längst verjährte Forderung anerkannt, sondern die Verjährung wäre auch noch aufgehoben worden. F. müsste dann mit ihrem Anwalt versuchen, mit viel Mühe und sorgsamer Begründung die Anfechtung der Vereinbarung zu erklären. Daher warnen wir immer wieder dringend davor, so etwas ohne Prüfung durch eine Rechtsberatung zu unterschreiben.


Fall3

Die Bank fordert nach 5 Jahren Rückzahlung eines gekündigten Ratenzahlungskredits
Manuela B. hatte in einem Elektronik-Kaufhaus einen Super-Duper-Easy-Ratenzahlungskredit abgeschlossen, der Kredit lief über der Taka-Tuka-Bank. Da Manuela in Zahlungsschwierigkeiten geriet, konnte sie die Raten nicht mehr rechtzeitig zahlen. Die Taka-Tuka Bank kündigte ihr daraufhin vor 5 Jahren den Ratenkredit und stellte mit Schreiben den gesamten Restbetrag fällig.

Jedoch hat die Taka-Tuka-Bank, als Manuela auch daraufhin nicht zahlte, ihr kein Mahnschreiben zukommen lassen.

Nach Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Frankfurt ist hier bereits die Verjährung eingetreten. Siehe dazu oben die Erklärung im Abschnitt über die Verjährung bei Verbraucherkreditverträgen. Es hilft der Taka-Tuka-Bank nicht, dass sie argumentiert, es gebe da die 10-jährige Hemmung der Verjährung bei Verbraucherkreditverträgen. Die Bank hat zwar den Kredit fällig gestellt, jedoch der Manuela keine Mahnung zukommen lassen. Damit war Manuela nie im Zahlungsverzug, somit greift die 10-jährige Hemmung der Verjährung nicht. Die Forderung ist daher verjährt, die Bank hat keinen Anspruch mehr auf Zahlung.

Anhand dieser Fallbeispiele können Sie sicher erkennen, dass es im Zweifelsfall unbedingt sinnvoll ist, Rechtsberatung einzuholen. Entweder steht Ihnen wider Erwarten doch das Recht auf Verjährungseinrede zu, oder aber es ist entgegen Ihrer ersten Annahme doch keine Verjährung eingetreten.

Belege, Quittungen, Dokumente, Kontoauszüge: wie lange soll man das aufheben?

Aus den üblichen Verjährungsfristen ergeben sich die erforderlichen Aufbewahrungsfristen für Dokumente durch Privatpersonen.

  • Wichtige Urkunden, z.B. Geburtsurkunde, Zeugnisse, Gutachten etc.: lebenslang.
  • Kontoauszüge: bis zum Anfang des 14. Kalenderjahrs. Bei Kontokündigung sollte mindestens der letzte Kontoauszug sowie die Schlussabrechnung der Bank bis ins 14. folgende Kalenderjahr aufbewahrt werden.
  • Rechnungen/Quittungen/Belege bei einfachen Kaufverträgen/Fernabsatz: bis zum Anfang des vierten Kalenderjahrs nach dem Jahr der Auftragserteilung.
  • Rechnungen/Belege/Dokumente bei Bautätigkeiten: 5 Jahre.
  • Dokumente zu Erbangelegenheiten: 30 Jahre.
  • Bezahlte und ausgehändigte Vollstreckungstitel: 30 Jahre.
  • Dokumente bei Versicherungsfällen mit Körperschaden: 30 Jahre.
  • Steuerunterlagen: 5 Jahre.
  • Versicherungspolicen: während der gesamten Laufzeit, nach Auszahlung 2 Jahre, bei Lebensversicherung: 5 Jahre.
  • Rentennachweise: lebenslang.

Links

Wikipedia-Artikel über die Verjährung im deutschen Recht

21:48, 8. Dez. 2012 (UTC)




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