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Vollstreckungsbescheid

Wie bereits bei dem Artikel Mahnbescheid beschrieben, kann es zu einem Vollstreckungsbescheid kommen, wenn man auf den Mahnbescheid nicht reagiert.

Sollte hier nach der Widerspruchsfrist weder ein Widerspruch, noch die geforderte Summe beim vermeintlichen Gläubiger eingegangen sein, kann dieser einen Vollstreckungsbescheid beantragen.

Auch bei einem Antrag auf einen Vollstreckungsbescheid prüft das ausstellende Amtsgericht nicht, ob die Forderung zurecht besteht!

Inhaltsverzeichnis

Vollstreckungsbescheid

Der Vollstreckungsbescheid wird (genau wie der Mahnbescheid) mit Postzustellungsurkunde dem angeblichen Schuldner zugestellt. Damit ist aber noch nicht alles verloren. Hier hat man wieder 14 Tage Zeit, einen Einspruch gegen diese Forderung einzulegen. Dies kann man genau so einfach wie beim Mahnbescheid durch einen formlosen Einspruch und ohne Begründung beim ausstellenden Amtsgericht machen. Wie man sieht, bekommt man einige Möglichkeiten, um sich bei diesem amtlichen Mahnverfahren gegen ungerechtfertigte Forderungen zu wehren.

"Der Antragsgegner kann gegen den Vollstreckungsbescheid innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen ab Zustellung "Einspruch" einlegen, d.h. der Einspruch muss innerhalb der Zweiwochenfrist beim Mahngericht eingegangen sein. Ein besonderer Vordruck für die Einlegung des Einspruchs ist nicht vorgeschrieben."

So tappt man auch nicht in eine Falle.

Erst wenn diese Frist verstrichen ist und keine Zahlung bei dem Gläubiger eingegangen ist, wird der Vollstreckungsbescheid rechtsgültig und der Gläubiger kann die Forderung per Gerichtsvollzieher einziehen - dies nennt man dann auch: "gerichtlicher Titel". Hier stehen dem Gerichtsvollzieher mehrere Möglichkeiten zur Verfügung. Neben der persönlichen Vorsprache, kann er Konten bei der Bank und auch den Lohn direkt beim Arbeitgeber pfänden ("Pfändungstitel").

Ein solcher gerichtlicher Titel besitzt eine Gültigkeit von 30 Jahren. Über diese Zeit hinweg kann der Gläubiger also immer wieder versuchen, auch bei einem zahlungsunfähigen Schuldner Gelder bzw. Wertgegenstände zu pfänden.

Den Umstand, dass dies möglich ist, nutzen manche unseriöse Gläubiger als Druck- und Drohmittel. Aber wie schon beschrieben, ist es ein langer Weg bis dahin. Und dieser kann auch nur dann beschritten werden, wenn man sich vorher nicht rührt, spricht wehrt. Vollstreckung, Pfändung, "einfach so...": nein, das geht nicht. Lesen Sie dazu auch den Artikel: Abzocke - Hilfe! Was kann mir passieren.

Wenn Sie z.B. einem gerichtlichen Mahnbescheid widersprochen haben, kann ein Vollstreckungsbescheid in der gleichen Sache auf keinen Fall erlassen werden. Das gleiche gilt dann, wenn noch nicht einmal ein Mahnbescheid beantragt wurde. Dann kann niemals gepfändet werden - auch, wenn unseriöse Inkassobüros oft in ihren Drohbriefen diesen Eindruck erwecken.

Sollte die Forderung unberechtigt sein, dann sollte man sofort reagieren, die Option im Mahn-, bzw. Vollstreckungsbescheid nutzen und dieser Forderung widersprechen, bzw. Einspruch einlegen. Das gilt auch bei einer eigentlich längst verjährten Forderung.

Achtung! Der Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid verhindert nicht die Zwangsvollstreckung. Dazu ist ein gesonderter Antrag notwendig.

"Der eingelegte Einspruch hindert nicht die Vollstreckung aus dem Vollstreckungsbescheid. Zur Vermeidung von Vollstreckungshandlungen muss ein gesonderter Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung gestellt werden."

Deswegen spricht man bei der Einspruchsmöglichkeit beim Vollstreckungsbescheid von einer "Notfrist".

Sollte man, aus welchen Gründen auch immer, dies bis zur Vollstreckung nicht getan haben, dann wird es schwierig. Bis zum Ablauf der Widerrufsfrist des Vollstreckungsbescheids ist man in dem Vorteil, dass der angebliche Gläubiger die Rechtmäßigkeit der Forderung beweisen müsste. Wurde eine Vollstreckung zu Unrecht durchgeführt, dann kann man die Summe auf dem Klageweg zurückfordern. Hier steht man dann vor dem Problem, dass man selbst beweisen muss, dass die Forderung zu Unrecht bestanden hat. Genau so schwer, wie es für einen Gläubiger ist, zu beweisen, dass ein Vertrag angeblich per Telefon geschlossen wurde, so schwierig kann es sein, das Gegenteil zu beweisen. Hier reicht die Aussage nicht mehr aus, da müssen dann (legale) Beweise her.

Dies ist aber wieder ein ganz anderes Thema.

Fazit:
Man sollte spätestens bei einem Vollstreckungsbescheid nie die Einspruchsfrist versäumen. Danach wird es nämlich sehr schwierig, die Unrechtmäßigkeit einer Forderung darzulegen, da man dann selbst in der Beweispflicht ist.

Dies ist aber der letzte Strohhalm, da hier schon das Verfahren komplizierter wird. Von daher ist es dringend anzuraten, es nicht so weit kommen zu lassen.

In aller Regel ist es schon ein Fehler, es überhaupt zum Vollstreckungsbescheid kommen zu lassen. Denn man hätte bereits dem hier immer vorausgehenden Mahnbescheid unbedingt widersprechen sollen.


Wichtig: auch, wenn der Gläubiger telefonisch versichert, dass man den Vollstreckungsbescheid bzw. Mahnbescheid ignorieren könne, weil dieser zurückgezogen worden sei, sollte man dem Bescheid auf jeden Fall widersprechen!!! Ansonsten kann man unter Umständen in eine böswillige Falle laufen, wenn der Gläubiger in Wirklichkeit den Bescheid nicht zurückzieht und dann mit dem gerichtlichen Titel kommt! - Denn der Inhalt eines Telefongesprächs ist im Nachhinein nie beweisbar, und der Gläubiger wird dann einfach bestreiten, die Zusage gegeben zu haben.
Aus dem gleichen Grund sollte man auch niemals den Widerspruch auf Bitten der Gegenseite zurücknehmen.

Vollstreckungstitel bei unberechtigter Forderung - was tun?

Viele Zeitgenossen sind leider uninformiert und im täglichen Leben auch unsicher. Sie wissen nicht, wie man mit Mahnbescheid und Vollstreckungsbescheid umgehen muss, und sie verpassen auch bei einer unberechtigten Forderung die Einspruchsfristen. Dann wird leider auch bei einer eigentlich völlig unberechtigten Forderung der Vollstreckungstitel wirksam.

Trotzdem gibt es eine mögliche Gegenwehr auch gegen einen Vollstreckungstitel.

Die beiden wichtigsten werden hier kurz beschrieben. Wir empfehlen in solchen Fällen jedoch dringend, anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Das ist tatsächlich auch oft erfolgreich. Es gibt keinen Grund, hilflos den Kopf in den Sand zu stecken, zu resignieren und womöglich der Gegenseite Tausende von Euros in den Rachen zu werfen.

Die Vollstreckungsgegenklage

Mit der Vollstreckungsgegenklage wird gegen die Vollstreckbarkeit des titulierten Anspruchs vorgegangen. Dies ist nur unter sehr eng begrenzten Voraussetzungen möglich, die immer am Einzelfall geprüft werden müssen. Zu beachten ist, dass der Schuldner hier nicht mehr die Einwendungen geltend machen kann, die er zur Abwehr der Entstehung des Vollstreckungstitels eigentlich längst hätte geltend machen können und auch sollen. Es müssen hier schon besondere Gründe aufgeführt werden. Beispielsweise wenn der Anwalt oder ein Inkassobüro der Gegenseite arglistig täuschende Darlegungen gebracht und damit erreicht hat, dass man sich nicht gegen Mahnbescheid und Vollstreckungsbescheid gewehrt hat.

Eine klassischer Anwendung für eine Vollstreckungsgegenklage ist sicher der folgende Beispielfall:

Mark A., jetzt gerade 25 Jahre alt geworden, fällt aus allen Wolken. Er erhält eine Mahnung eines Inkassobüros, welches einen zehn Jahre alten Vollstreckungtitel eines Versandhauses gegen ihn aufgekauft hat. Es stellt sich heraus, dass damals die Eltern von A. unter seinem Namen Bestellungen bei dem Versandhaus getätigt hatten, ohne diese zu bezahlen. A. hätte aber zum damaligen Zeitpunkt aufgrund seiner Minderjährigkeit und "beschränkten Geschäftsfähigkeit" eigentlich einen gültigen Kaufvertrag gar nicht abschließen dürfen, die Erziehungsberechtigten wären zustimmungspflichtig gewesen. Außerdem kann A. glaubhaft geltend machen, bis heute von der Tatsache eines gegen ihn vorliegenden Vollstreckungstitels keine Kenntnis gehabt zu haben, weil seine Eltern vermutlich die entsprechenden Zustellungen abgefangen und ihn nie hiervon in Kenntnis gesetzt haben. A. kann sich sicherlich mit einer Vollstreckungsgegenklage wehren.

Ein anderer Anwendungsfall der Vollstreckungsgegenklage wäre der Einwand der Verwirkung gemäß § 242 BGB. Dies hat Erfolg, wenn der Inhaber des Vollstreckungstitels aus unerfindlichen Gründen über mehr als 8-9 Jahre hinweg gegen Sie keine Vollstreckungsmaßnahmen betrieben hat, obwohl dies möglich gewesen wäre (d.h. Sie sind in der Zeit z.B. nicht unbekannt verzogen und waren nirgends gemeldet etc.).

Die Rechtsprechung geht hier von einer Frist von 8 bis 9 Jahren aus. Siehe dazu die Urteile:

  • LG Trier, Urteil vom 29.05.1992, AZ 2 O 174/91
  • AG Worms, Urteil vom 30.5.2000, Az. 3 C 9/00

Bei einer so langen Zeit unbegründeter Untätigkeit des Gläubigers darf der Schuldner nach Treu und Glauben darauf vertrauen, dass der Gläubiger den Anspruch (obwohl tituliert!) nicht mehr beitreiben wird. Auch wenn ein Vollstreckungstitel 30 Jahre gültig ist: er kann unter Umständen bereits vorher verwirkt sein. Holen Sie ggf. hierzu Rechtsberatung ein.

Klage auf Herausgabe des Vollstreckungstitels wegen unzulässiger Bereicherung

Wenn die Gegenseite bei einer Forderung, die ihr ersichtlich niemals zugestanden hat, einen Vollstreckungstitel erwirkt, indem sie dem Schuldner durch Falschdarstellungen suggeriert, er habe keine Chance zur Abwehr der Forderung, so hat die Gegenseite den gerichtlichen Titel im Rahmen einer "unrechtmäßigen Bereicherung" gemäß § 812 BGB erworben, und die Gegenseite kann gerichtlich dazu gezwungen werden, diesen Vollstreckungstitel wieder herauszugeben. Auch bereits auf den Titel geleistete Teilzahlungen müssten dann wieder rückerstattet werden. Einige Beispiele für erfolgreiche Klagen finden Sie auf der Webseite wk-anwaelte.de.

Verwirkung des Vollstreckungstitels bei längerer Untätigkeit des Gläubigers

Wenn der Inhaber eines Vollstreckungstitels über einen Zeitraum von mehr als ca. 9 Jahren überhaupt keine Vollstreckungsmaßnahmen einleitet, dann kann der Vollstreckungstitel gemäß bekannter Rechtsprechung verwirkt sein.

Lesen Sie dazu unseren Artikel:

Verwirkung von Vollstreckungstiteln

Holen Sie ggf. Rechtsberatung ein.

Schuldnerberatung

Wenn Sie bei berechtigten Forderungen mit einem oder mehreren Vollstreckungstiteln belegt wurden, empfehlen wir Ihnen dringend, eine Schuldnerberatung an Ihrem Ort aufzusuchen. Diese Beratungen sind meist kostenlos und werden von caritativen Einrichtungen und auch staatlichen Stellen an vielen Orten angeboten.

Zum Auffinden einer solchen Beratungsstelle geben Sie bei Google den Namen Ihrer Stadt und zusätzlich "Schuldnerberatung" ein.

Eine solche Schuldnerberatung kann auch bei vorliegenden Vollstreckungstiteln viel ersparen. Möglicherweise kann die Privatinsolvenz nach Abgabe der eidesstattlichen Erklärung vermieden werden, manchmal stellt sich heraus, dass die Forderung eigentlich gar nicht rechtmäßig gewesen wäre. Aber auch bei berechtigten Forderungen sind oft die Nebenforderungen oder Zinsen überzogen. In so einem Fall sollten Sie mit der Schuldnerberatung und einem Anwalt klären, wie weiter vorzugehen ist.



Weitere Infos:

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Diese Seite wurde zuletzt am 4. Januar 2014 um 20:33 Uhr geändert. Diese Seite wurde bisher 93.237-mal abgerufen.
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