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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : "Keine Werbung einwerfen" - Was fällt darunter?



Stefan999
28.02.2007, 11:49
Hallo,

ich habe auf meinem Briefkasten einen "Keine Werbung einwerfen!"-Aufkleber. Da halten sich eigentlich auch alle dran, nur heute hatte ich ein Flugblatt im Briefkasten mit der Aufforderung, für ein Bürgerbegehren zu unterschreiben.

Gilt der Aufkleber auch für solche Politgruppen? (Im konkreten Fall geht es um ein Bürgerbegehren gegen den Bau einer Moschee in Köln-Ehrenfelt, Initiator ist eine als rechtsextrem einzustufende Gruppierung)

Stefan

mareike26
28.02.2007, 12:07
Nun ja, um Werbung handelt es sich ja eigentlich nicht. Aber eben um unerwünschte Post. Ich gehe davon aus, dass der Brief nicht an Dich persönlich adressiert war, oder?
Die Diskussion hatten wir schon einmal, unser User LiqUID-Sky-Net hat da einen guten Aufkleber entworfen, im Thread: [UID filtered]
Etwas in dieser Richtung sollte eigentlich helfen, vielleicht noch der Hinweis, dass auch keine Infobriefe gewünscht werden.
Sollte dann noch einmal etwas kommen, kannst du natürlich gegen die Einwerfer vorgehen.

skater
28.02.2007, 12:07
Als Werbung ist im Grunde alles einzustufen, was nicht persönlich an dich adressiert wurde.
Dazu gehören als Beispiel Flyer vom Pizza-Lieferservice, die Angebote der nächsten Woche des Supermarktes.
Alle Angebote die an dich adressiert wurden, also was die Post einwirft und deine Adresse wo drauf steht, gilt dies nicht als Werbung.
(Dazu gehört als Beispiel auch die "Faber"-Werbung wo drauf steht:
An alle Bewohner des Hauses
Musterstraße 1
12345 Musterstadt)

Wenn auf dem Flugblatt der Politgruppe kein Name steht, ist dies als Werbung einzustufen, ja.

MfG
skater

mareike26
28.02.2007, 12:12
Wenn auf dem Flugblatt der Politgruppe kein Name steht, ist dies als Werbung einzustufen, ja.

MfG
skater

Das sehe ich ein wenig anders. Es ist ja eher ein politischer Aufruf.
Ansonsten hat Skater, was Werbung anbetrifft, natürlich recht.

skater
28.02.2007, 12:28
Mal abgesehen vom Hintergrund des Faltblattes.
Parteien werben in dem Fall und müssen sich auch somit an geltende Regeln halten. Und wenn der Brief nicht pers. adressiert war, hätte die Werbung, die es in dem Fall eindeutig ist nicht in den Briefkasten eingeworfen werden dürfen.
Vergleiche: VBZ Bayern (http://www.verbraucherzentrale-bayern.de/UNIQ117266174516329/link4507A.html) und Urteil BGH VI 182/88.

whitesheep
28.02.2007, 12:33
Stimmt zwar, dass es um Politik geht und die Parteien sich auf Art. 21 GG berufen können.
Allerdings gibt es dazu schon Rechtsprechung. Und zwar vom Kammergericht Berlin, Urteil vom 21. 9. 2001 - 9 U 1066/00 (veröffentlicht in der NJW 2002, S. 379ff.)

Nach der herrschenden Rechtsprechung stellt die Übersendung von Werbematerial trotz eines erklärten entgegenstehenden Willens eine Besitz- bzw. Eigentumsstörung und darüber hinaus eine Störung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar (BGHZ 106, 229 [233] ...) und löst damit einen Abwehranspruch nach §§ 903, 862, 823 I, 1004 BGB aus. ... Dieser Wille des Bürgers, insoweit seinen Lebensbereich vor jedem Zwang zur Auseinandersetzung mit Werbung nach Möglichkeit freizuhalten, sei als Ausfluss seines personalen Selbstbestimmungsrechts schutzwürdig (BGHZ 106, 229 ...).

Soweit die Bekl. die Auffassung vertritt, diese Grundsätze könnten auf die Werbung politischer Parteien auf Grund des ihnen nach der Verfassung gewährten Parteienprivilegs keine Anwendung finden, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Dem Recht der Parteien, ihrer politischen Tätigkeit ungehindert nachgehen zu können, entspricht keine Pflicht des Bürgers, sich von den Parteien informieren lassen zu müssen. Inwieweit politische Informationen der Konsumwerbung gleichzusetzen sind, bedarf an dieser Stelle keiner allgemeinen Erörterung. Jedenfalls aber soweit es um Werbematerial geht, mit der die politischen Parteien ihre Inhalte und Zielrichtungen dem Bürger nahe bringen und auf diese Weise - zumindest mittelbar - auch für Wählerstimmen werben wollen, besteht kein Anlass zu einer unterschiedlichen Behandlung von Konsumwerbung und politischer Werbung, da das Ausmaß der Störung und Beeinträchtigung in beiden Fällen das Gleiche ist (vgl. ebenso OLG Bremen, NJW 1990, 2140 [2141]). Es besteht mithin kein Anlass, das Recht des Bürgers auf so genannte „negative Informationsfreiheit“ gegenüber politischer Parteienwerbung einzuschränken.Urteil des KG bei kanzlei-prof-schweizer (http://www.kanzlei-prof-schweizer.de/guterrat/urteile.html?id=1234)

Das hat das AG Rostock, Urt. v. 28.1.2003, Az.: 43 C 68/02 auch für Newsletter / email bestätigt.
Urteil des AG Rostock bei jura-lotse (http://www.jura-lotse.de/newsletter/nl58-005.shtml)

mareike26
28.02.2007, 12:35
Nun, das Problem, dass ich sehe, ist folgendes: Es handelt sich ja nicht um Werbung für die Partei oder um Wählerstimmen.
Es geht ja um einen Aufruf zu einem "parteineutralen" Bürgerbegehren.
Insofern bin ich mir da nicht ganz so sicher.
Aber mit dem Aufkleber von Liquid-Sky-Net wird ja auch das ausgeschlossen.

Baltika71
03.03.2007, 23:59
Also wir hatten vor kurzer Zeit auch eine Wahl und trotz meines Aufklebers erhielt ich von sämtlichen Parteien Ratschläge mein Kreuz an der richtigen Stelle zu machen. Mit Ausnahme eines wirklich hübschen Kugelschreibers war das für mich natürlich Müll. Frage mich natürlich auch ob die Parteien mehr dürfen als z.B. eine von wem auch immer gegründete Bürgerinitiative. Derartige Post hatte ich bisher nicht. Meine Aussage ist jetzt einfach mal ein Schuss ins Blaue und gesetzlich sicherlich nicht zu unternauern. Aber ich vermute die berufen sich auch auf die Rechte von Parteien. Legitim oder nicht, das will ich nicht beurteilen. Wäre aber interessant zu erfahren.

mareike26
06.03.2007, 16:31
Frage mich natürlich auch ob die Parteien mehr dürfen als z.B. eine von wem auch immer gegründete Bürgerinitiative.

Die Frage wird mit dem Urteil von whitesheep oben m.E. ausreichend beantwortet. Sie dürfen nicht.
Allerdings ist der von Dir genannte Kontext auch ein anderer, als hier diskutiert.

Spamgegner
09.03.2007, 11:48
Also manchmal bin ich froh, dass auf meinem "Bitte keine Reklame einwerfen"-Schildchen nicht "Bitte keine heiße Asche einfüllen" steht, wenn ich den Erfolg betrachte ;)

Schnabelland
12.03.2007, 13:55
Also manchmal bin ich froh, dass auf meinem "Bitte keine Reklame einwerfen"-Schildchen nicht "Bitte keine heiße Asche einfüllen" steht, wenn ich den Erfolg betrachte ;)

Letzteres steht bei mir auf dem "großen Briefkasten", in dem die Werbung der Leute, die sich nicht an "Keine Werbung einwerfen" halten, entsorgt wird... Ich hab mir auch schon überlegt, das Schild durch "Werbung bitte bei SULO einwerfen" zu ersetzen...