PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Landgericht Gießen: Kaffeefahrt-Verkäufer muss 8.000 ¤ "Gewinn" auszahlen



Mission Imposible
01.10.2009, 09:59
Erfreuliche Neuigkeiten aus der Mitte Hessens:

Das Landgericht Gießen hat gestern einen Verkäufer zur Zahlung von 8.000 ¤ verdonnert. Rechtsgrundlage ist § 661a BGB. Obgleich er die Einladung nicht selbst verschickt hat, sah ihn das Gericht als doch dafür verantwortlich an.

Hier eine Pressemitteilung aus der Gießener Allgemeinen dazu:
http://www.giessener-allgemeine.de/Home/Nachrichten/Hessen/Kaffeefahrt-Verkaeufer-muss-Gewinn-auszahlen-_arid,134054_regid,1_puid,1_pageid,11.html

Ich bin mir sehr sicher, dass der Fall vom ZDF schon gezeigt wurde. In youtube findet sich der entsprechende Beitrag:
http://www.youtube.com/watch?v=mCNzL7LQSLQ

Arthur
01.10.2009, 10:26
Der Jurist kommt zu dem Schluss, dass der häufig von Verbraucherzentralen oder der Polizei erteilte Rat, Einladungen zu Kaffeefahrten in den Papierkorb zu werfen, falsch sei. Stattdessen sollte man teilnehmen und den versprochenen Gewinn einfordern.
Die generelle Empfehlung des Juristen an Kaffeefahrten teilzunehmen ist in der Tat problematisch, denn:


Dr. D. S , der Sprecher des Gießener Landgerichts, weist allerdings darauf hin, dass die Beweisführung für jeden neuen Fall gesondert erbracht werden müsse.
...
Auch die »Initiative gegen Betrug auf Kaffeefahrten« mit Sitz in Timmendorfer Strand will nicht pauschal zur Teilnahme raten. Jeder Fall müsse individuell betrachtet werden.
Solche Urteile sind zwar positiv, aber eben keine Grundsatzurteile. Kein anderes Gericht ist daran gebunden.
Es bleibt ein ( auch finanzielles ) Risiko für diejenigen, die den Weg beschreiten wollen.

Wuschel_MUC
01.10.2009, 12:03
Solche Urteile sind zwar positiv, aber ... kein anderes Gericht ist daran gebunden.
Es bleibt ein ( auch finanzielles ) Risiko...
Sehr richtig, aber erst eine Vielzahl solcher Urteile schafft Sicherheit, verunsichert die Täter und leert ihre Geldbeutel.

Es könnte schon wieder interessant werden, wenn der Täter nichts Pfändbares besitzt und auch dies in der Presse zu lesen steht.

Schmieden wir das Eisen weiter, so lange es heiß ist! Motto: den lassen wir schwören (http://www.antispam-ev.de/forum/redirector.php?url=http%3A%2F%2Fdejure.org%2Fgesetze%2FZPO%2F807.html), und den nächsten auch, und den übernächsten erst recht...

Wuschel

euregio
02.10.2009, 10:17
Ich finde die Entscheidung der Richter dort sehr gut. Ein seit langem immer wieder in den Schlagzeilen schwebendes Problem wurde endlich juristisch aufgearbeitet. Mit Wortklaubereien und allerlei Tricks wird immer wieder versucht den Verbraucher in die Irre zu führen. Man versteckt sich hinter Postfächerun und anderen Firmen. der Einlader ist nicht der Veranstalter ect. Diese Vewirrspiele haben nur einen Zweck, den Verbraucher zu verarschen.
Endlich sieht ein Richter mal ein was hier gespielt wird und stellt sich auf die Seite der Verbraucher. Tricksereien werden ncith zugelassen und es gibt ein Musterurteil.
Vielleicht wird damit endlich mal eine Arbeitsgrundlage für andere Gerichte geschaffen, um im Vorfeld den Veranstaltern klar zu machen, daß diese Art des Kundenfangs nicht statthaft ist und das Gewinne die ausgelobt wurden auch wirklich ausgezahlt werden müssen. Einge Beispiele hat es ja schon gegeben, wo Ordnungsämter z.B. die ausgelobten Fresstüten eingefordert haben um diese dann zu verteilen.
Sicher werden dann die Herren von Andorra und San Marino merken, daß es eben nicht alles machbar ist.
In anderen Ländern ist diese Problematik auch bekannt und dort zeigen Richter mehr Biss um Verbraucherinteressen durchzusetzen. In den Niederlanden wird z.B. die FIOD (Finanzpolizei) hinzugezogen und es werden sofort auch steuerrechtliche Ermittlungen eingeleitet.

helli65
02.10.2009, 10:54
Ich finde es auch klasse. Je mehr Urteile in der Art es gibt umso mehr Leute werden sich auch trauen es öffentlich zu machen und gegebenenfalls auch zu klagen.
Viele trauen sich ja nicht weil sie sich auch schämen daß sie sich haben abzocken lassen.

Wuemme
03.10.2009, 03:16
Der Jurist kommt zu dem Schluss, dass der häufig von Verbraucherzentralen oder der Polizei erteilte Rat, Einladungen zu Kaffeefahrten in den Papierkorb zu werfen, falsch sei. Stattdessen sollte man teilnehmen und den versprochenen Gewinn einfordern.

Das die Gewinnmitteilungen nicht unbedingt in den Papierkorb gehoeren ist schon aus anderen Nachweisgruenden notwendig gewesen. Wie sollte man einem 'erwischten' Versender eine Massenversendung und damit professionellen Betrug nachweisen, wenn vor Gericht nur 1-5 Briefe vorgelegt werden koennen ?

Wichtiger im Zusammenhang mit dem Urteil waere doch eher zu erfahren WELCHER Gewinnbrief dort zur Debatte / Verhandlung stand, damit auch andere Besitzer des gleichen (identischen) Briefes nachsetzen koennen, also Folge-/Nebenklaeger in Bezug auf das Urteil folgen koennen !


Die folgende Aussage jedoch einfach auf den kurzen Satz "Stattdessen sollte man teilnehmen und den versprochenen Gewinn einfordern." zu verkuerzen ist Gefaehrlich:

- Zuallererst muss das Prozesskostenrisiko erwaehnt werden: Die Klage setzt einen Anwalt und seine Kosten sowie die Gerichtskosten voraus, die wohl erst einmal vom Klaeger zu entrichten sind. Ob er sie trotz erfolgreichem Urteil vom Beklagten (Gewinnversender) wieder erhaelt ist dabei nicht mal sicher - die Typen sind dann meist pleite oder die neuen Firmen derzeit lauten auf UG (haftungsbeschraenkt) und mit einem Firmenkapital von ca. 300 Eruo.
Bei anderen Prozessen gingen regelmaessig schon waehrend dem Prozessverlauf die verklagten Firmen Pleite und der angebliche Bargeld/ und Prozessgewinner ging leer aus.

- Fuer eine erfolgreiche Klage muss der angebliche Gewinnbrief genau angesehen werden. Der Gewinn liegt dann vor, wenn ein durchschnittlicher Verbraucher es so versteht, dass er den Preis gewonnen hat. Begriffe wie 'nominiert ist' oder 'Rubbellosgewinner' sind da oftmals nicht mal schaedlich, aber der Gesamteindruck entscheidet - auch wenn den Gewinnern vom Sprecher bei den Veranstaltungen oft der Wind aus den Segeln genommen wird wegen dem Begriff 'nominiert'.
Je mehr andere Gewinner jedoch an einer Bsuhaltestelle stehen und Ihnen gegenueber meinen sie selber haetten gewonnen, desto sicherer koennen Sie selbst sein ...

- Des weiteren benoetigen Sie fuer eine erfolgreiche Klage auch eine klagefaehige Anschrift oder Person: absolut Notwendig! Hier kommen 2 Wege in Frage ...
1. ueber das auf dem Schreiben angegebene Postfach. Es muss bei der Anmeldung bei der Post jemand existierendes 'dahinter' eingeschrieben sein
2. bei dem Ausflug zur Gewinnuebergabe. Zum Einen - wie geschehen - der Sprecher, der aufgrund des offensichtlichen Zusammenhanges dass er genau an dem Tag genau dort anwesend ist mit nicht wenig Erfolg als Versender herhalten mus. Wenn er schriftlich nachweisen kann, vom wem der Auftrag kam, koennte man als Klaeger der Spur folgen - aber warum so weit - der Sprecher ist doch schon 'gefasst'!


Hier kommt also dann das Problem eines angeblichen Gewinners: :confused:

Um eine klagefaehige Person oder Anschrift zu erhalten wird er wohl meist mitfahren muessen, und setzt sich so der Gefahr der Verkaufsveranstaltung aus. Nur wenige Leute sind wirklich in der Lage dort 'standhaft' zu bleiben! Vieleicht 2% der normalen Mitfahrer werden die gewuenschten Informationen ermitteln koennen.

Nebst dem Busunternehmen und der Gaststaette, die auch ungern in der Presse genannt werden aber schweigen, wenne s um die Auftraggeber geht, hilft bei der Personalienbeschaffung des Sprechers nur der Einsatz der Polizei.
Diese sollten wie hier eh so oft erwaehnt erst NACH einem Verkauf bei der Veranstaltung erscheinen, da so weitere Beweise gegen den Sprecher oder seine/andere Firma(en) vorliegen. Erwaehnt sei hier ...
- nicht angemeldetes oder unter falschen Voraussetzungen angemeldetes Wanderlager
- uU Anpreisung von Lebensmitteln (Nahrungsergaenzungsmittel) mit medizinischen Wirkungen,s ei es vorbeugeng gegen krebs, Alterskrankheiten oder gar weniger Arztbesuche und/oder Medikamente ...
- uU falsche, falsch ausgestellte, unvollstaendige, fehlerhafte usw. Kaufvertraege oder Reisevermittlungen - hier sind oft wichtige Adressen, Firmen und andere Angaben enthalten die fuer eine Klage wertvolls ein koennen

Jetzt bedenken Sie mal was Sie alles tun muessen und ueber sich ergehen lassen muessen (Faustschlaege gegen Gewinner; Stehenlassen am GAsthof, Bus laesst Sie nicht mit; usw.) um erfolgreich an diese Daten zu kommen - ohne dabei schon Verluste zu machen!

Das geht nur mit 1 oder 2 weiteren Helfern, von denen 1 Person dabei ist und als Zeuge sowie Schutz fungiert, sowie 1 Person in einem folgenden Privatfahrzeug, der aussen
Beweise macht (Fotos alles Fahrzeuge, evtl. auch Personen fuers Gericht) und dann auch bereit steht um die eigenen Personen wieder heim zu fahren.

Daher meine ich das der allgemeine Rat 'mit zu fahren um den Gewinn einzufordern' schon soweit stimmt, aber nicht klarstellt, welche notwendigen Dinge dabei beachtet werden muessen, damit es ein Erfolg WERDEN KANN .

Wer also blauaeugig mitfaehrt um seinen Gewinn einzufordern, wird eher mit einer ueberteuerten Bettdecke heimkommen, weil ihn der psychologisch geschickte Sprecher einfach reingelegt hat ... :sick:

Ne, ich bin kein Anwalt und das ist auch keine Rechtsberatung, sondern nur eine Zusammenfassung der bisherigen (fehlt was?) ERkenntnisse eines interessierten Lesers!

Arthur
03.10.2009, 09:37
Das geht nur mit 1 oder 2 weiteren Helfern, von denen 1 Person dabei ist und als Zeuge sowie Schutz fungiert, sowie 1 Person in einem folgenden Privatfahrzeug, der aussen
Beweise macht (Fotos alles Fahrzeuge, evtl. auch Personen fuers Gericht) und dann auch bereit steht um die eigenen Personen wieder heim zu fahren.
Erschwerend kommt hinzu, dass meist eine altersmäßige Vorselektion betrieben wird,
sprich wer zu jung und rüstig ausssieht, wird erst gar nicht mitgenommen.
Jemanden einzuschleusen, der altermäßig paßt, aber sich diesen Strapazen aussetzen will und
kann ist schon nicht einfach, aber zusätzliche weitere Helfer, die in das Raster passen, dürft
nur sehr selten möglich sein.
So erfreulich das Urteil ist, es dürfte leider ein Glücksfall sein, bei dem gerade alles paßte.

federico
03.10.2009, 11:35
Das Landgericht Gießen hat gestern einen Verkäufer zur Zahlung von 8.000 ¤ verdonnert. Rechtsgrundlage ist § 661a BGB. Obgleich er die Einladung nicht selbst verschickt hat, sah ihn das Gericht als doch dafür verantwortlich an.

Aus der Pressemitteilung geht "nur" hervor:

"Bereits in der Verhandlung am 2. September habe die Richterin angedeutet, dass der Verkäufer als derjenige, der von den Einladungsschreiben geschäftlich profitiere, auch für die versprochenen Gewinne hafte."

Daraus läßt sich nicht ablesen, daß dem Verkäufer nicht (nur das Profitieren am beworbenen Geschäft, sondern ganz wesentlich) auch das Versenden der Gewinnmitteilung zugerechnet worden sei.

Denn das Gesetz knüpft in § 661a BGB nunmal die Pflicht zur Leistung des Preises, dessen Gewinn mitgeteilt wurde, an die Verantwortlichkeit für das VERSENDEN der Mitteilung, und nimmt nicht etwa auch denjenigen in die Pflicht, der von dieser unzulässigen Werbemethode profitiert ( = der "Heizendeckenabieter / -verkäufer" ). Siehe dazu auch die Ausführungen des BGH:

BGH, Urteil vom 15. März 2006 - IV ZR 4/05
"Im Jahre 2001 wurden der Klägerin mehrfach Werbesendungen mit Mitteilungen über angebliche Gewinne zugesandt, darunter das Schreiben einer Firma "N. ": Sie sind Gewinnberechtigter des 250.000,00 DM-Guthabens ... Ihren Namen und Adresse erhielten wir von dem Versandhaus H."

Mit der Behauptung, hinter dem "H. ", einer Briefkastenfirma, verberge sich in Wahrheit die Firma A. Import-Export GmbH und Co KG .... erhob die Klägerin ... gegen die Fa. A. Klage auf Auszahlung von 250.000 DM.

(....)

Entsprechend dem vom Bundesgerichtshof entwickelten, weiter gefaßten Senderbegriff kam hier auch in Betracht, der Fa. A. die Versendung der Gewinnmitteilungen unter den genannten Bezeichnungen nach den Grundsätzen des Handelns unter fremdem Namen zuzurechnen. Nach dem ... Vortrag der Klägerin betrieb in Wahrheit die Fa. A. den Versandhandel, wurden die der Klägerin zugesandten Werbeunterlagen am Firmensitz der Fa. A. in deren Eigeninteresse erstellt und sodann auf deren Rechnung versendet. Demgegenüber habe es sich bei den in der Gewinnmitteilung genannten Firmen um Schein- oder Briefkastenfirmen gehandelt, die noch nicht einmal über Rufnummern verfügt hätten. In Wahrheit habe allein die Fa. A. die in den Werbeunterlagen genannten Telefonnummern über Call-Center bereitgestellt."


---> Das Landgericht Gießen wird den Verkäufer also nicht schon allein deswegen in die Pflicht genommen haben können, weil er an den mit unlauterer Gewinnmitteilungen beworbenen Geschäften profitiert. Sondern es wird davon überzeugt gewesen sein müssen, daß "in Wahrheit" der Verkäufer für den Einladungsversand verantwortlich zu machen sei. ( Ohne Kenntnis der Entscheidung läßt sich nichts dazu sagen, aufgrund welcher Tatsachen das Gericht zu dieser Überzeugung gelangt ist. )

f.

federico
03.10.2009, 11:49
Zum Einen - wie geschehen - der Sprecher, der aufgrund des offensichtlichen Zusammenhanges dass er genau an dem Tag genau dort anwesend ist mit nicht wenig Erfolg als Versender herhalten mus. Wenn er schriftlich nachweisen kann, vom wem der Auftrag kam, koennte man als Klaeger der Spur folgen - aber warum so weit - der Sprecher ist doch schon 'gefasst'!

Strenggenommen "beweist" die Tatsache der Anwesenheit des Verkäufers nur, daß er mit demjenigen in Verbindung stehen muß, der für die Versendung der Einladungen (und damit auch für die Versendung der Gewinnmitteilungen) haftet.

Damit sind jedoch nicht automatisch auch schon die Voraussetzungen erwiesen, unter denen der Verkäufer für die Versendung (und damit für die Leistung der Preise, deren Gewinn in den Zusendungen mitgeteilt wurde) haften müßte.

f.

Goofy
03.10.2009, 13:50
Das ist sicher ein wichtiger Gesichtspunkt. Wenn der Verkaufssprecher glaubhaft machen kann, dass er selbst nur als Subunternehmer agiert, dann wird es schwierig. Ein Herausgabeanspruch aus § 661a BGB besteht (wie federico dargestellt hat) nur gegen den Versender des Briefs. Solange aber nicht glaubhaft gemacht werden kann, dass entweder der Verkaufssprecher oder der Warendistributor selbst die Gewinnbriefe verschickt haben, muss einem von beiden das "Handeln unter fremdem Namen" nachgewiesen werden. Bei gut getarnten Firmen, etwa aus den Niederlanden, kann das schwierig werden.

Auf jeden Fall sieht man, dass es hier einiges an Unwägbarkeiten gibt, und dass man auf so eine Tour nur mitfahren sollte, wenn man genau weiß was man macht, und wenn man einen guten Anwalt hat, der die Gesellschafts- und Bonitätsverhältnisse ganz genau anguckt.
Eine globale Empfehlung an "Oma Müller" und "Opa Krause": "Fahrt ruhig mit und fordert Euren Gewinn ein..." ist verfehlt.

euregio
04.10.2009, 12:34
Wieder einmal ist der Ehrliche der Dumme...
Es scheint nicht gewollt zu sein, daß diese Abzockerei aufhört. Militante Aktionen und ein Aufschrei der Bild Zeitung bringen zwar mal wieder kurzfristig die Reaktion von Hinterbänklern des Bundestages in die Presse aber es ändert sich nix. Diese Firmen können ungeniert agieren und werden von Unternehmen mit Staatsmehrheit wie der Post AG durch deren Liberalisierungsbemühungen unterstützt. Postfachinhaber dürfen Briefkastenfirmen sein, willkommen im Kettenspiel.
Wer also die Sache in die eigene Hand nimmt und versucht die Gewinne einzufordern ist auf verlorenen Posten.

Solange aber nicht glaubhaft gemacht werden kann, dass entweder der Verkaufssprecher oder der Warendistributor selbst die Gewinnbriefe verschickt haben, muss einem von beiden das "Handeln unter fremdem Namen" nachgewiesen werden.

Das ist praktisch unmöglich und anscheinend vom Gesetzgeber so gewollt. Ich habe langsam das Gefühl, daß die Verzweifelten wirklich zu radikalen Maßnahmen greifen um Abzocker zu stoppen.
Dieser Artikel zeigt eigentlich deutlich, wie machtlos sonst die Leute sind. Juristisches Geplänkel bringt nix....


2,4 Millionen Euro durch Falschberatung weg – eine Gruppe von Rentnern sah rot und verübte an ihrem Anlageberater Selbstjustiz. Ein Sondereinsatzkommando musste anrücken.

Mehrere Senioren im Alter zwischen 60 und 79 Jahren haben einen Anlageberater aus Rheinland-Pfalz im Kofferraum eines Wagens entführt und ihn in den Keller eines Einfamilienhauses am Chiemsee eingesperrt. Der 56-jährige Berater hatte mit hohen Geldsummen seiner späteren Entführer Anlagen im Ausland getätigt. 2,4 Millionen Euro Verlust wollten die Entführer von ihm ersetzt haben.
[...]

Quelle: dpa, u.a. http://www.dasinvestment.com/berater/news/datum/2009/08/27/rentner-gang-entfuehrt-anlageberater/

Juristisch sind derartige Maßnahmen abzulehnen und auch sinnlos. Es zeigt jedoch deutlich, wie Menschen die Justiz sehen und das der Bürger kein Vertrauen mehr in die Justiz hat.
Niemand kann es sich leisten Prozesse zu führen und nachher als Depp darzustehen.
Gestzlich legitimierter Betrug ist dort wohl das passende Wort. Vielleicht wird es ja bald zum Siegel auf die Einladungen gedruckt.

Wuemme
05.10.2009, 01:54
Daher rate ich auch ganz dringend davon ab ...
- von Antwortkarten der Anmeldungen massenhaft Kopien zu machen und diese natuerlich ohne Porto ab zu schicken ...
- mit angetrunkenen Freunden an der Bushaltestelle zu warten ...
- die Vorgaenge im Gasthof und davor zu filmen und die Aufnahmen ohne Schwaerzen der Gesichter in Internet zu veroeffentlichen ...
- die Vertraege aus den Veranstaltungen ohne Loeschen der Personaldaten zu kopieren und im Internet zu veroeffentlichen ...
- Scheinbestellungen bei der Veranstaltung zu taetigen, VORHER kein Geld zu zahlen und dann bei der Lieferung die Annahme zu verweigern ...
- sich einfach den versprochenen Gegenstand aus der Briefbeschreibung bei der Verkaufsveranstaltung zu nehmen ...
usw.
Wir Buerger sollten deren Unserioesitaet oder gar Illegalitaet nicht mit Gleichem beantworten ... ;)

Wenn bei jeder Veranstaltung nach dem Kauf das Ordnungsmt kommt, und vor allem einige Teilnehmer sich sauber merken wie der Sprecher die Nahrungsmitel angepriesen hat um damit uU medizinische Wirkungen darzustellen, kommt der Kerl nach einer Woche nicht mehr, da schwedische Gardinen ...

Baldrian
05.10.2009, 08:22
Wieder einmal ist der Ehrliche der Dumme...
Es scheint nicht gewollt zu sein, daß diese Abzockerei aufhört.


Das sieht man ja schon, was allerdings die Telefonabzockerei angeht, in dem "neuen Gesetz".
Da wird einfach lapidar erklärt, dass man das zu unrecht abgebuchte (geklaute)
Geld wieder zurückbuchen lassen kann.
Das heißt ins reale Leben übersetzt, dass ich mir beim Dieb, der mir meine Wohnung
ausgeräumt hat, meine geklauten Sachen selber wieder zurückholen muss. :mad:

Normalerweise müsste das umgekehrt sein. Es muss schon vorher verhindert werden,
dass mir einer so ganz einfach was klauen kann.

Es gehört wegen diesen Gewinnversprechungen in einem Gesetz festgeschrieben,
dass versprochene Gewinne, auch wenn es nur so ausschaut als ob man was gewonnen hat,
ausbezahlt oder übergeben werden müssen.

Mission Imposible
05.10.2009, 11:27
Nach den allgemeinen Regeln des Zivilrechts haftet derjenige, der einen Verrichtungsgehilfen bestellt hat. Sind die Druckerei und ggf. der Planer der Veranstaltung Verrichtungsgehilfen, so könnte sich auch daraus die Haftung des Verkäufers (soweit der selbständig ist) vor Ort ergeben, wenn § 661 BGB die Haftung hier nicht ausdrücklich anders regelt.

Arthur
26.10.2009, 22:53
Ein Newbie bei CB ist sehr unzufrieden mit den hier vorgebrachten Argumenten.

http://forum.computerbetrug.de/plauderecke/53507-kaffeefahrten-2.html#post295277

Er wurde gebeten, die Diskussion hier zu führen.

Wuemme
28.10.2009, 11:16
Ein Newbie bei CB ist sehr unzufrieden mit den hier vorgebrachten Argumenten.

http://forum.computerbetrug.de/plauderecke/53507-kaffeefahrten-2.html#post295277

Er wurde gebeten, die Diskussion hier zu führen.

Der wird sich hier kaum melden, weil
- das Urteil erst die Tage so rechtskraeftig werden duerfte, also bisher nichts sicher ist
- damit also nich unklar ist ob Berufung eingelegt wurde (soweit ich glaube hat er)
- jedes Gericht dennoch anders entscheiden kann, ausser das BVG haette dazu mal eine Entscheidung
- er selber sich widerspricht indem er meine Forderung um welchen Brief es geht negiert, also fuer unwichtig haelt, aber weiter unten darauf hinweise, das die Formulierung des Briefes beachtet werden muss
- ich selber sicher bin, dass das Urteil bisher als Referenz nichts taugt ...

SaschaNRW
28.10.2009, 22:04
Der wird sich hier kaum melden ..

jop, leider falsch gedacht .. :goodgame:

Also mit dem besagten Beitrag wollte ich lediglich zum Ausdruck bringen, das ich mich der Meinung des Rechtsanwalts anschliesse, das man „ ..teilnehmen und den versprochenen Gewinn einfordern sollte" und man nicht andere Leute auf einer aufgeblähten und übertrieben wirkende Art und Weise davon abraten sollte, weil man dadurch im endeffekt noch weniger erreicht; vorausgesetzt natürlich, das man dabei auch das Publikum anspricht, die auch selbst unterscheiden können, ob ihnen auch der versprochene Gewinn zusteht, ansonsten brauchen sie natürlich logischerweise auch besser erst garnicht mitzufahren.

Goofy
28.10.2009, 22:16
Der Rat ist ja auch nicht grundsätzlich falsch. Er war nur in dieser undifferenzierten Form nicht angebracht.

So etwas sollten nur energische Leute machen, die genau wissen, was sie tun, und die geplant vorgehen.

Aber das ist nix für Oma Lieschen Müller, die dann da sitzt und mit zaghaftem Fistelstimmchen ihren Gewinn haben möchte, "weil die Verbraucherzentrale oder der Anwalt das gesagt hat". - Da seh ich schon die Zeiger von der Rolex vibrieren, angesichts des scheppernden Lachens.

Hat man erst mal mit Amtshilfe der Polizei die Personalien, ist man ja noch keineswegs am Ziel. Dann geht zuhause der Zirkus erst richtig los. Gesellschafterverhältnisse recherchieren, Bonitätsauskunft einholen, sonst kriegt man hinterher nichtmal den Kostenfestsetzungsbeschluß gepfändet. Sowas kann auch ein Rohrkrepierer werden.

Wuemme
29.10.2009, 00:29
:goodgame:

... auf einer aufgeblähten und übertrieben wirkende Art und Weise davon abraten sollte, ...

Ganz im Gegensatz - da in dem besagten Artikeln keine weiteren Hinweise zu finden sind wie schwer
- das Ermitteln von klagefaehigen Anschriften / Personen ist
- das nicht jedes Schreiben klagefaehige Aussagen beinhaltet
- die NOCH bestehende Unklarheit ueber einheitliche Richtersprueche
- die (wie Googy schon andeutet) Unklarheit des Kostenrisikos und somit auch
- die unsicherheit der "Auszahlung" des evtl. erfolgreich erstittenen Titels
halte ich die profane Aussage "Mitfahren und Gewinn einfordern" fuer aeusserst Blauaugig !

euregio
29.10.2009, 02:30
Das Urteil ist erfreulich, allerdings sollte man berücksichtigen welche Art von Vertriebler dort tätig sind. Es soll bereits mehrfach zu Handgreiflichkeiten gekommen sein und Beleidigungen sind sicher nicht unüblich. #Auch wurden immer wieder Teilnehmer von der Rückfahrt ausgeschlossen. Also alles eher eine Sache üfr nervenstarke Leute oder eine Gruppe. Die Sprecher haben meist Gehilfen dabei und ich gehe mal davon aus, dass die Herren auch ruppig werden können. Hinzu kommt das Hausrecht, alles also eher eine wackelige Konstruktion.
Die Papiertonne ist da der bessere Weg, auch um Nerven zu sparen. Wer die Leute ärgern will hängt gut sichtbar Plakate an die Haltestellen oder positioniert sich auffällig und macht Fotos. Das können die Veranstalter überhaupt nicht ab. Auch die Lokalpresse zu informieren bringt mehr. Ein Kampf gegen die mafiaähnlichen Strukturen erfordert viel Geld und noch mehr Zeit.
Der Erfolg jedoch ist ungewiss. Ich selber habe mir mal auf den Weg zu einem Ziel in den NL die Adresse eines Anbieters angeschaut. Ein ziemlich kleines Haus in einem Wohngebiet mit Briefkasten, mit Sicherheit kein Frimensitz. Nur ein Briefkasten war dort, wer will also dort was pfänden?????

SaschaNRW
30.10.2009, 01:03
Na, wollen wir erstmal schauen, ob das Urteil rechtskräftig wird;
falls nicht, denke ich aber, das er trotz Berufung nicht mehr viel in die andere Richtung erreichen würde; so meine Vermutung, naja mal abwarten ..

Eniac
14.11.2009, 07:53
Emder „Kaffeefahrt”- Anbieter verurteilt (http://www.emderzeitung.de/?id=20&nid=106369) (Emder Zeitung v. 13.11.09)


Ein Emder Anbieter von sogenannten Kaffeefahrten ist vom Landgericht Gießen zur Zahlung von 8000 Euro verurteilt worden.
...
Auf dieser Veranstaltung trat dann der später beschuldigte Emder Frank C. unter dem Namen „Frank von Liechtenstein” als Verkäufer von Produkten der Emder Firma „S.B.B & F.C. Vitamex-Vertrieb e.K. Emden” auf. Den angekündigten Gewinn von 8000 Euro erhielt der Teilnehmer der Verkaufsveranstaltung allerdings nicht. Daraufhin nahm er sich einen Anwalt.

Fer falsche Adlige verkauft gerne Chondrosamin und Reisen von Henkel Pro Sana (http://www.antispam-ev.de/forum/showpost.php?p=142238&postcount=40) und ist schon des öfteren aufgefallen:

- Euro-Gewinnbenachrichtigungszentrale aus Bakum - Rubellosgewinner 2. 500 Euro (http://www.general-anzeiger-bonn.de/index.php?k=loka&itemid=10001&detailid=556258)

- Dr. Weber & Partner (http://www.antispam-ev.de/forum/showthread.php?t=24949&page=13) (Sat1-Reportage)



Eniac

euregio
14.11.2009, 13:19
Eigentlich ist sowas eine Steilvorlage. Da die Urteile ja im Namen des Volkes gesprochen wurden und es unwahrscheinlich ist, dass jemand sich in gleicher Sache auf einen weiteren Prozess einlässt, hat jeder Besitzer der Gewinnmitteilung nach meines Erachtens ja einen Gewinnanspruch. Tja, dann stellt sich nur noch die Frage wann der Herr eidestattlich wird....

nixkaffeefahrt
14.11.2009, 13:57
Wer noch entsprechende Briefe hat, könnte sich nun ebenfalls überlegen, die Versprechungen bei "Frank von Liechtenstein" einzutreiben.

Denn:


Im schriftlichen Urteil des Landgerichts Gießen, das der Emder Zeitung vorliegt, geben die Richter dem Kläger Recht. „Eine Zusendung”, so heißt es im Urteil, „ist eine Gewinnzusage (...), wenn sie - nach Inhalt und Gestaltung - abstrakt geeignet ist, bei einem durchschnittlichen Verbraucher (...) den Eindruck (...) erweckt, er werde einen - bereits gewonnenen - Preis erhalten.” Daran, so die Richter, ändere auch die kleingedruckte Zeile unter der Preisbezeichnung nichts, in der es in diesem Fall hieß: „Rubbellosgewinner”. Die Höhe des Preises ergebe sich vielmehr „ohne Weiteres” aus einem in der Mitte des Schreibens dargestellten Kästchen, in dem es heißt: „3. Preis; 8000 Euro in Bar”. Der Empfänger der Mitteilung durfte annehmen, ihm werde ein Barpreis übergeben und nicht nur ein Rubbellos.

Die Gießener Richter folgten auch nicht den Angaben des Beschuldigten, wonach nicht er, sondern zwei andere Firmen für die Planung und Organisation der Werbeveranstaltung verantwortlich seien. Die Einbeziehung einer Organisationsfirma sowie einer weiteren Scheinfirma dient nach Ansicht des Gerichtes nur dem Ziel, „dem Beklagten die Verkaufsveranstaltung zu ermöglichen, ohne den versprochenen Gewinn zu gewähren, zu dessen Auszahlung offenbar von Anfang an keine Bereitschaft bestand”.

Quelle: http://ez.omg.de/index.php?id=20&nid=106369

Eine schnelle Google-Suche nach "Frank von Liechtenstein" (http://bit.ly/3DjkeO) legt die Vermutung nahe, dass Frank C. unter einer ganzen Reihe von Scheinbezeichnungen aufgetreten ist, darunter

Euro-Gewinnbenachrichtigungszentrale (http://www.antispam-ev.de/forum/showthread.php?t=20251) ("Rubbellosgewinner")
Reise & Touristik (https://www.antispam-ev.de/forum/showthread.php?t=23936), Postfach 1120, 49454 Bakum ("Die glücklichen Gewinner, Sommerrätsel 2008, Betr.: Letzter Termin zur Auszahlung Ihres 3. Preises. 8.000 € in Bar")
Finanzdienstleister "Dr. Müller & Partner" (http://www.antispam-ev.de/forum/showthread.php?t=24949)
Ammerländer Aalräucherei (http://www.antispam-ev.de/forum/showthread.php?t=20277)

Mission Imposible
25.08.2010, 10:39
Ich möchte noch einmal auf das Urteil des LG Gießen eingehen. Ich habe ganz vergessen darauf hinzuweisen, dass der Beklagte in Revision gegangen ist, aber auch in zweiter Instanz vor dem OLG Frankfurt verloren hat. Damit stehen dem Kläger die 8.000 zu. Das erstinstanzlische Urtel des LG Gießen ist damt rechtskräftig. Das Ganze spielte sich bereits im Januar 2010 ab. Mir ist auch die der erfolgreichen Gewinneinklage zu Grunde liegende Einladung bekannt. Sie enthält, wie ganz viele andere auch, Felder, in denen - wenn auch schwer erkennbar - die Worte zu lesen waren "nominiert ist" und "Rubbellosgewinner".

Eniac
25.08.2010, 10:55
Sie enthält, wie ganz viele andere auch, Felder, in denen - wenn auch schwer erkennbar - die Worte zu lesen waren "nominiert ist" und "Rubbellosgewinner".

Die nutzlosen Formulierungen wie "nominiert ist" oder "Rubbellosgewinner" dienen eben ausschließlich dazu, lästige Fragesteller auf der Verkaufsveranstaltung abzufertigen und dumm dastehen zu lassen. Schön zu sehen, dass diese und andere Taschenspielertricks wie z.B. Kommasetzung ("der Gewinner, Frau X., erhält 5000 Euro...") vor Gericht keinerlei Bestand haben; es genügt eben, den Anschein zu erwecken, man habe etwas gewonnen.

Das kann man gar nicht oft genug betonen.


Eniac