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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : [Gewinnrückführung] - S & S Service & Solution GmbH und TFH AG



Weissbrot
15.04.2010, 16:43
Die Staatsanwaltschaft Bielefeld hat im Zuge der Ermittlungen gegen die Verantwortlichen der Firmen S & S Service & Solution GmbH & Co. KG in Paderborn und der TFH AG in der Schweiz die Konten dieser Firmen beschlagnahmt. Betroffene aus den Straftaten dieser Firmen können sich ihre zu Unrecht abgebuchten Gelder über eine Gewinnrückführung zurückholen.

Veröffentlichung vom 15.04.2010:


Staatsanwaltschaft Bielefeld
Aktenzeichen 6 Js 122/09 VAM

In dem o.g. Ermittlungsverfahren besteht gegen die Verantwortlichen der Firmen TFH AG, Hinterbergstr. 9, CH-6330 Cham und S & S Service & Solution GmbH & Co. KG, Marfordingweg 2, 33102 Paderborn, der Verdacht des gewerbsmäßigen Betruges. Nach bisherigen Erkenntnissen riefen Mitarbeiter der von der Firma S & S betriebenen Callcenter eine Vielzahl von Personen an, die zuvor in keinem vertraglichen Verhältnis zu den vorgenannten Firmen standen, und täuschten vor, diese hätten an einem zunächst kostenfreien, zukünftig jedoch entgeltpflichtigen Gewinnspiel teilgenommen: Soweit die Angerufenen sich zur Nennung ihrer Kontodaten verleiten ließen, wurden durch die TFH AG eigenmächtig Lastschriftabbuchungen veranlasst. Als Verwendungszweck wurden bei den Abbuchungen Namen wie „bonustipp49“, „gewinnkomet.com“, „spielfox.de“, „startipp200.com“, „sunnytipp.com“, „tippline“, „tipptresor.com“, „win2deal“ und „WINTIPP88“ verwendet.

Die Staatsanwaltschaft Bielefeld führt Rückgewinnungshilfe zugunsten der Geschädigten durch. Folgende Vermögenswerte wurden vorläufig gesichert:

Forderungen der TFH AG gegen die Sparkasse Paderborn auf Grund des Arrestes des AG Bielefeld vom 18.01.2010 (9 Gs 275/10). Guthaben am 31.03.2010:
Konto 64030: 202.506,73 €
Konto 94326: 166.357,21 €


Forderungen der afendis payment solutions AG, Marsstraße 26, 80335 München, gegen den Bankverein Werther (Westfalen) aus dem Konto 260 133 710 auf Grund des Arrestes des AG Bielefeld vom 15.01.2010 (9 Gs 239/10):
Guthaben am 31.03.2010: 167.140,71 €
Die afendis payment solutions AG war Zahlungsabwicklerin der TFH AG, der das Kontoguthaben daher wirtschaftlich zuzuordnen ist.

Verletzte, die auf die gepfändeten Guthaben zugreifen wollen, müssen wie folgt vorgehen:
Sie beschaffen sich einen zivilrechtlichen Titel (Vollstreckungsbescheid, vollstreckbares Zivilurteil, dinglicher Arrest o.ä.). Auf Grund dieses Titels betreiben sie die Zwangsvollstreckung in die o.g. gesicherten Vermögenswerte. Sie beantragen dann beim Strafgericht gemäß § 111g Absatz 2 StPO die Zulassung der Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung. Hierbei muss glaubhaft gemacht werden, dass die zivilrechtlichen Ansprüche aus der Straftat erwachsen sind.


Da die Staatsanwaltschaft Bielefeld die o.g. Forderungen mit der Maßgabe gepfändet hat, dass Rücklastschriften durch die betroffenen Banken zuzulassen sind, besteht u.U. auch die Möglichkeit, dem durch die TFH AG veranlassten Lasteinschrifteinzug nachträglich zu widersprechen.

Die gesicherten Kontoforderungen werden voraussichtlich nicht ausreichen, um alle Verletzten zu entschädigen. Die vorläufigen Sicherungsmaßnahmen werden meist zudem nur bis zur Fällung des erstinstanzlichen strafrechtlichen Urteils aufrechterhalten. Es empfiehlt sich daher, umgehend tätig zu werden.

Die Staatsanwaltschaft darf weder schriftlich noch telefonisch weitere Empfehlungen für die Durchsetzung der zivilrechtlichen Forderungen geben.


Quelle: Elektronischer Bundesanzeiger (https://www.ebundesanzeiger.de/ebanzwww/wexsservlet)

Woody1962
15.04.2010, 18:42
Mal ehrlich : es war aber auch dringend mal Handlungsbedarf.
Gerade das Thema mit der Abzockmasche "Gewinnspiel" ging in den letzten Monaten so oft über diverse Ticker - ich denke da wird so mancher Staatsanwalt resp. Kripobeamter mal richtig wach geworden sein. Wenn er nicht sogar selbst auf der Liste stand :D
Offensichtlich bewegt sich ja jetzt mal einiges in dieser Richtung - ich find's gut.
Vor allem das von Anti-Spam soviel publik gemacht wird :)

Nix_Werbung
15.04.2010, 19:02
Mal ehrlich : es war aber auch dringend mal Handlungsbedarf.

Man lese genüsslich weiter:

http://www.presseportal.de/polizeipresse/pm/11562/1595162/polizei_essen

Der Krug geht so lange zum Brunnen bis er bricht :D

Arthur
15.04.2010, 19:20
http://www.presseportal.de/polizeipresse/pm/11562/1595162/polizei_essen



siehe http://www.antispam-ev.de/forum/showthread.php?t=28636

Jogy4711
06.09.2011, 16:46
Ich weiss nicht ob es hier um die oben genannten geht, aber die Vermutung leigt nahe.


IX. Strafkammer, Saal 18
(9 KLs 6 Js 122/09 – 29/10)
Strafsache
gegen
a) W. (48)
b) S. (40)
c) S. (37)
wegen des Verdachts des schweren Bandendiebstahls u.a.
Die Staatsanwaltschaft legt den Angeklagten Folgendes zur Last:
Die Angeklagten sollen sich aufgrund einer zumindest stillschweigend ge-troffenen Vereinbarung zusammengeschlossen haben, um in einer Vielzahl von Fällen Personen von entsprechend angeleiteten Callcenter-Mitarbeitern anrufen zu lassen mit dem Ziel, die Angerufenen durch wahrheitswidrige Angaben über Gewinnspiele und eine Geldzurück-Garantie bei Nichtgewinn und Kündigung zunächst zur Preisgabe ihrer Kontoverbindung und der spä-teren Hinnahme von Lastschrifteinzügen zu verleiten, um anschließend im Lastschrifteinzugsverfahren Beträge von deren Konten abzubuchen und sich durch die so erhaltenen Gelder – nach Abzug von Kosten – eine dau-erhafte Einnahmequelle zu verschaffen. Dabei sollen die Angeklagten ent-sprechend ihrer gemeinsamen Planung arbeitsteilig vorgegangen sein. Sie sollen für die massenhafte Abwicklung der Telefonanrufe und Lastschrift-einzüge betriebliche – u.a. mittel von ihnen beherrschter Gesellschaften - sowie datenverarbeitungstechnische Strukturen geschaffen, vertragliche Verbindungen zu Drittfirmen geknüpft und diverse Bankkonten eröffnet ha-ben. Sie sollen so regelhafte, von ihnen beherrschte Arbeitsabläufe initiiert haben.
So soll es ihnen gelungen sein, über 2 Konten bei der einem Geldinstitut in Paderborn und über ein Konto bei einem Geldinstitut in Werther im Zeit-raum von November 2008 bis Januar 2010 insgesamt 327.484 Lastschriften
7
über ein Gesamtvolumen von 18.809,50 € einzuziehen, wobei in knapp 40 Prozent der Lastschrifteinzüge eine Rücklastschrift erfolgt sein soll.

Es sollte wohl Gesamtvolumen von 18.809.500 € heissen



Im Original PDF nachzulesen auf den Seiten des LG Bielefeld unter punkt 6 (http://www.lg-bielefeld.nrw.de/presse/Pressemitteilungen_des_Jahres_2011/Pressemitteilung_September_2011.pdf)

Call-Center Fresser
06.09.2011, 17:38
Êndlich scheinen einige Staatsanwaltschaften angefangen haben zu arbeiten. War es bisher ein zu häufig vorkommendes Übel, dass Leute, die sich gewehrt haben mit dem Satz abgespeist wurden (nach Geldrückbuchung): Es ist Ihnen ja kein finanzieller Schaden entstanden, so war die Wirklichkeit doch immer, dass auf eine Strafanzeige mehrere (ich weiß nicht wie viele, vielleicht ja Dutzende) Personenen kamen, die sich nicht auf eine Strafanzeige eingelassen haben! Hätte man die aufgedeckten CCs immer weiter gescheckt (es gab und gibt den Zusatz im Strafgesetzbuch auch auf Betrug: Der Versuch ist strafbar), dann hätte man vielleicht viel früher mehr Opfer von mafiösen Strukturen kennengelernt, und eben solche "Firmen",derer es nach wie vor zuuu viele gibt. :p

Vielleicht bekommen ja einige CCs jetzt "Muffensausen";)

Also: Nie auf die Strafanzeige verzichten!! :rolleyes:

Chinchilla
06.09.2011, 18:36
wobei in knapp 40 Prozent der Lastschrifteinzüge eine Rücklastschrift erfolgt sein soll.

Interessant jetzt mal eine Zahl zu lesen, die nicht auf Schätzungen basiert. 60% sind doch eine ordentliche Menge! Anscheinend prüfen Viele ihre Konten nicht genau genug oder vertrauen darauf, daß die Abbuchungen korrekt sind.

18 Mio Euro... ich glaub ich hab den falschen Job...

Mittwoch
06.09.2011, 18:41
Es sollte wohl Gesamtvolumen von 18.809.500 € heissen

Möglicherweise. Ist aber auch denkbar, dass auf den beiden Konten nur 18 Kiloeuro sichergestellt werden konnten, weil die übrigen 17 Millionen bereits bei Seite geschafft wurden.

Schönen Gruß
Mittwoch

P.S.: Ich habe das Zitat mal als solches kenntlich gemacht.

Goofy
06.09.2011, 19:41
Es hat ja auch eine Bielefelder Bank nach Leibeskräften dabei mitgeholfen, das Geld beiseite zu schaffen. Gegen diese Privatbank wird ebenfalls ermittelt. Und ermittelt. Und ermittelt. Und... (????)

Pikanterweise soll einer der Vorstände dieser Privatbank ebenfalls selbst dick im Gewinnspieleintragungsgeschäft drinstecken. Stichwort: Haltern am See. Jaja, klingelingeling. Wie klein die Welt doch manchmal ist. Aber für Ermittler manchmal doch noch zu groß. Wenn auch die "Leistungsträger" sich oft genug immer alle zusammen in einem Rattenloch tummeln. Fehlt eigentlich nur noch, dass sie kräftig an Parteien spenden.

Die Zahl von 40 % Lastschrift-Stornos ist realistisch, das hat man aus anderen Quellen auch schon so gehört. Die doch relativ niedrige Quote ist in der Tatsache begründet, dass diese Gewinnbimmel-Betrüger sich ganz gezielt an alte Leute heranmachen, im Sinne einer Methode, die in zynischer Weise mit "Demenz-Marketing" betitelt wird. Es werden ganz gezielt Datensätze mit Senioren angekauft und beharkt, vor allem seit den Verhaftungen und Durchsuchungen in Berlin/Essen/Krefeld etc. und seit der Verhaftung der Flammkuchen-Connection auf Mallorca beobachtet man eine deutliche Konzentration der Gewinnbimmler auf SeniorINNen. Das scheint für die Abzocker generell ungefährlicher zu sein, weil alte Leute nicht ins Internet gehen und auch meist besonders schlecht über ihre Rechte informiert und außerdem gutgläubig sind. Das Gros dieser alten Leute wehrt sich weder gegen den täglichen Telefonterror noch gegen die Abbuchungen. Das geht so weit, dass z.T. die Mieten nicht mehr gezahlt werden und keine Nahrungsmittel mehr gekauft werden können.

Genau das sind die sogenannten "modernen Dienstleistungen", die der deutsche Callcenterverband für so dringend erforderlich hält, dass er sich mit allen lobbyistischen Mitteln gegen die Bestätigungslösung (schriftliche Ratifizierung telefonisch geschlossener Verträge) stemmt. Eine der größten Aktivistinnen dieses Verbands hat es selbst ganz faustdick hinter den Ohren.

Walbeck
06.09.2011, 20:49
Die Angeklagten sollen wesentlich höhere Summen eingestrichen haben, als die im jetzigen Verfahren genannten.

Bereits 2008 sollen die Gewinnspielaktionen des Trios aus Todtmoos und Paderborn begonnen haben, und bei diesen Taten sei ein Schaden in Höhe von "mehr als 40 Millionen Euro" entstanden. Die Ermittlungen wurden indes der Anklage und im Sinn eines zügigen Verfahren nur "vorläufig eingestellt".
http://www.badische-zeitung.de/todtmoos/angeklagten-schweigen-noch--49300981.html

Ebenfalls im Sinn der Prozeßökonomie ist auch mit einem Deal "geringere Strafe gegen Geständnis" zu rechnen.

Arthur
21.10.2011, 09:19
http://www.badische-zeitung.de/todtmoos/richtern-reicht-das-gestaendnis-nicht--50735247.html
http://www.badische-zeitung.de/todtmoos/richtern-reicht-das-gestaendnis-nicht--50735247.html

Der ehemalige Todtmooser Hotelier M. W. hat als erster Angeklagter vor dem Landgericht Bielefeld ein Geständnis abgelegt. Doch den Richtern der 9. Strafkammer ging diese Erklärung gestern nicht weit genug.
Nun fühlt sich das Gericht nicht mehr an eine Strafzusage von bis zu sechs Jahren Haft gebunden.

Walbeck
19.06.2013, 18:12
Veröffentlichung vom 19.06.2013



Landgericht Bielefeld
Beschluss

9 KLs 29/10 LG Bielefeld

6 Js 122/09 StA Bielefeld

In der Strafsache gegen W*, T. S*, D. S*, wegen gewerbsmäßigen Bandenbetruges, hat die 9. Strafkammer des Landgerichts Bielefeld am 28.09.2012 beschlossen:

Der dingliche Arrest in das Gesellschaftsvermögen der TFH AG, Gersauer Straße 12, CH-6440 Brunnen, vertreten durch das Konkursamt Zug, Postfach 857, CH-6301 Zug, wird in Höhe von 500.000,00 Euro für drei Jahre aufrecht erhalten.

Gründe:

Der dingliche Arrest in das Gesellschaftsvermögen der TFH AG, Gersauer Straße 12, CH-6440 Brunnen, vertreten durch das Konkursamt Zug, Postfach 857, CH-6301 Zug, war in Höhe von 500.000,00 Euro für die Dauer von drei Jahren gemäß § 111i Abs. 3 Satz 1 StPO aufrecht zu halten, da die Kammer im Urteil vom 12.09.2012 gemäß § 111i Abs. 2 Satz 1 StPO festgestellt hat, dass bezüglich der TFH AG lediglich deshalb nicht auf Verfall von Wertersatz erkannt wurde, weil Ansprüche der Verletzten gem. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen; darüber hinaus wurde im Urteil der Wert des durch die TFH AG Erlangten gemäß § 111i Abs. 2 Satz 3 StPO auf 500.000,00 Euro festgestellt.

Vors. Richter am Landgericht Richter am Landgericht Richter

Zusatz:

Die Dreijahresfrist beginnt mit der Rechtskraft des Urteils.

Nach ihrem Ablauf tritt nach Maßgabe des § 111i Abs. 5 StPO ein Auffangrechtserwerb des Staates ein.

Quelle: Bundesanzeiger


Einen Bericht zum erwähnten Urteil von letztem Jahr gabs hier
http://www.die-glocke.de/lokalnachrichten/kreisguetersloh/Haftstrafen-wegen-Millionenbetrugs-0c6fde91-d13a-4777-9919-0bb45be79eb7-ds

Walbeck
25.05.2014, 11:50
Nach Revision beim BGH gibt es einen neuen Prozeß.


Millionenbetrug wird neu verhandelt
Bundesgerichtshof hebt Urteil gegen Paderborner Ehepaar und Schweizer auf
http://www.lz.de/aktuelles/aktuelle_meldungen_aus_der_region/11132747_Millionenbetrug_wird_neu_verhandelt.html

Walbeck
17.06.2014, 14:33
Das BGH-Urteil ist jetzt veröffentlicht (http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288&nr=68014&pos=3&anz=491).

Zu den Anforderungen an die Feststellung und Darlegung des Irrtums beim Betrug im Zusammenhang mit routinemäßigen Massengeschäften (hier: Missbrauch des Einzugsermächtigungslastschriftverfahrens).
BGH, Urteil vom 22. Mai 2014 - 4 StR 430/13 - LG Bielefeld