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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Sammelthread: Angebote im Layout behördlicher Kostenbescheide an Markeninhaber usw.



ernergy4you
08.10.2011, 13:31
Hallo zusammen,

Inhaber von Marken oder Patenten kennen es wahrscheinlich genauso wie jeder, der im Handelsregister eingetragen ist: Kurz nach der gesetzlich zwingenden Veröffentlichung eines neuen Eintrages erhält man Post von allerlei unseriösen Geschäftemachern, die Angebote zum Eintrag in deren völlig nutzlose Verzeichnisse unterbreiten. Sogar die Behörden selbst warnen mittlerweile zusammen mit Bestätigungsschreiben über Eintragungen vor dieser Masche.

Diese unaufgeforderten Angebote (!) sind dann stets so aufgemacht, dass man sie möglichst leicht mit einem behördlichen KostenbescheID: [ID filtered]

Adressaten, die ohne fachlichen Berater zum ersten Mal eine Marke bzw. ein Patent angemeldet oder zum ersten Mal etwas im Handelsregister haben eintragen lassen, sind wahrscheinlich nicht selten schon mit den jeweiligen behördlichen Prozessen überfordert, lesen nicht mehr alles Kleingedruckte und können dann nicht unterscheiden, ob es sich tatsächlich um ein behördliches Schreiben oder einen privatwirtschaftlichen Abzocker handelt. Wurde solch ein Angebot dann erst einmal unterzeichnet zurückgesandt oder gar der Betrag bezahlt, ist es zu spät: Der Absender besteht auf Vertragseinhaltung und lässt sämtliche Hinweise auf einen Irrtum nicht gelten.

Hintergrund der "Angebote": Der jeweilige Eintrag wird von den Behörden im amtlichen Verzeichnis (z.B. Markenregister) eingetragen, in dem jeder Interessierte recherchieren kann, um zum Beispiel zu prüfen, ob es eine Marke, die man anmelden möchte, vielleicht schon gibt (Markenregister) oder um genauere Informationen über potentielle Geschäftspartner zu erhalten (Handelsregister). Die Abzocker setzen nun einfach eine Website mit einem alternativen Register auf, in dem nur die Einträge der Adressaten erscheinen, die übertölpelt wurden. Natürlich recherchiert niemand in diesen unbekannten Registern, und gesetzlich erforderlich ist ein Eintrag dort natürlich erst Recht nicht, so dass die Einträge dort lediglich ein völlig nutzloses Datengrab darstellen, für das man dann aber üppig zur Kasse gebeten wird.

Im Prinzip ähnelt die Vorgehensweise sehr dem bekannten Adressbuchbetrug, bei dem Gewerbetreibende Post mit Entwürfen eines Gelbe-Seiten-Eintrages erhalten, den sie freigeben oder korrigieren sollen. Nur im Kleingedruckten steht dann, dass man einen 2-Jahres-Vertrag mit Kosten von ca. 50-100 Euro im Monat abschließt. Im Unterschied dazu ist die Post kurz nach Registereintragungen noch ein wenig perfider, weil man angesichts des zeitlichen Zusammenhangs mit dem ja tatsächlich erfolgten Eintrag denken soll, es handele sich noch um eine behördliche Angelegenheit.

Gerade bei Gewerbetreibenden mit Angestellten, die womöglich nicht wie der Inhaber genau über alle Vorgänge im Unternehmen informiert sind und dann manchmal arglos und vorschnell vermeintlich kostenlose Einträge oder vermeintlich gesetzlich verpflichtende Kosten freigeben, kann es hier zu unerwünschten Vertragsschlüssen kommen.

Aktuelles Beispiel eines solchen Abzockers, der sich per Post an Markeninhaber wendet:

BDAV-Betriebsdaten Archiv UG
Bernhard-Feilchenfeld-Str. 1
50969 Köln

Geschäftsführer: C. G.
www.bdav-betriebsdatenarchiv.de

Sollten auch andere User im zeitlichen Zusammenhang mit behördlichen Registereintragungen solche "Angebote" erhalten, wäre es vielleicht von Nutzen, diese in diesem Thread zu veröffentlichen und zu sammeln.

ernergy4you
09.10.2011, 16:01
Hallo noch einmal,

ich möchte noch kurz folgende Punkte zu der oben beschriebenen Art des Betrugsversuches ergänzen:

- Die "Angebote" kommen in aller Regel per Post (während sie beim Adressbuchbetrug meist per Fax kommen). Grund: Behördliche Kostennoten, mit denen die Schreiben ja verwechselt werden sollen, kommen in aller Regel auch immer per Post. Zudem können die Absender ja gerade per Post die behördliche Optik noch viel besser imitieren (s. oben). Eine vermeintliche behördliche Kostennote per Fax würde zu viele Empfänger stutzig machen. Weiterhin erfolgen Eintragungen in den öffentlichen Registern, aus denen die Absender ihre Opfer massenhaft und automatisiert recherchieren, nicht selten nur mit Name und Postadresse. Fax oder E-Mail werden oft nicht veröffentlicht, und deren manuelle, einzelfallbezogene Nachrecherche würde viel zu viel Aufwand machen und die Kostenrechnung der Absender über den Haufen werfen. Denn immerhin kostet so ein Brief selbst bei Massenversand als Infopost mindestens 0,25 Euro Porto + Materialkosten pro Stück - also eine ganz andere Dimension als beim Faxspam. Würde darüber hinaus noch Rechercheaufwand von z.B. 3-5 Minuten pro Empfänger hinzu kommen, dürften sich die Kosten mangels ausreichend hoher Response-Quote kaum wieder hereinholen lassen.
- Es werden fast immer Einmalbeträge berechnet (während es beim Adressbuchbetrug meist monatliche Kosten mit einer Laufzeit von z.B. 24 Monaten sind). Grund: Eintragungen in Marken-, Patent- oder Handelsregister verursachen ebenfalls in aller Regel nur einmalige und keine monatliche wiederkehrenden Kosten, um eben dem soll das "Angebot" ja möglichst stark ähneln. Daher passen die Absender die berechneten Kosten in der Regel auch grob dem Rahmen an, in dem die tatsächlichen, behördlichen Kosten liegen.
- Die Kosten werden meist klar erkennbar genannt (während sie beim Adressbuchbetrug fast immer im Kleingedruckten versteckt werden). Grund: Die Übertölpelung liegt bei der hier beschrieben Masche eben nicht darin verborgen, dass man auf den ersten Blick denken soll, es handele sich um einen kostenlosen Service, sondern darin, dass man denken soll, es handele sich um unumgängliche, immer mit einer Eintragung im entsprechenden Register verbundene Kosten.

Goofy
09.10.2011, 23:02
Der Text im Eingangsposting wurde zu einem Wiki-Artikel verarbeitet.
Abzocke an Gewerbetreibenden mit Kostenbescheiden wegen Markeneintragung

Danke an energy4you an dieser Stelle.

truelife
10.10.2011, 12:22
Die beiden Beiträge zur "normalen" Abzocke der GWE-Zentrale habe ich in den passenden Thread verschoben:

https://antispam-ev.de/forum/showthread.php?23783-Gewerbeeintrag-Zentrale/page20
https://antispam-ev.de/forum/showthread.php?23783-Gewerbeeintrag-Zentrale/page20

ernergy4you
17.10.2011, 18:08
Hier die Warnliste des DPMA (Dt. Patent- und Markenamt), BDAV erscheint dort auch:
http://www.dpma.de/service/dasdpmainformiert/warnung/index.html

ernergy4you
29.10.2011, 13:47
Eine "Schwesterfirma" der BDAV ist ganz offensichtlich die DEPA, die im praktisch identischen Behörden-Layout als Kostenbescheide aufgemachte "Angebote" versendet:
DEPA Datenarchiv
Postfach 320230
50827 Köln
Kontonummer 14661190, Bankleitzahl 37020090, Hypo Vereinsbank
info [at] depa-daten-eintrag.de (die Domain ist bezeichnenderweise gar nicht erst registriert)

Es ist keine Rechtsform angegeben, laut Recherche handelt es sich aber um eine UG (haftungsbeschränkt) mit Adresse Vastersstr. 23, 50825 Köln, HRB 73599, AG Köln. Angemeldet erst am 29.09.2011 mit 1,00 Euro Stammkapital. Geschäftsführer ist ein Herr U.G., *XX.11.1963 (sicher ein Kumpel von BDAV-Geschäftsführer C.G., *XX.06.1973).

Goofy
29.10.2011, 14:51
Eigentlich müsste sich doch die Steuerfahndung für diese Aktivitäten interessieren.

staytogehther
09.11.2011, 15:13
leider findet sich viel zu wenig information wenn ich DEPA als suchbegriff eingebe.
sind denn rechtliche mittel und wege bekannt, diesen täuschungsversuchen
entgegenzuwirken?

truelife
09.11.2011, 17:11
Welche Art "Information" fehlt denn? Wo gibst du "DEPA" als Suchbegriff ein?

Goofy
09.11.2011, 20:18
Mal das hier lesen:
Abzocke an Gewerbetreibenden mit Kostenbescheiden wegen Markeneintragung

Walbeck
06.02.2012, 20:03
Die DEPA Datenarchiv UG ist im Visier der Staatsanwaltschaft Köln.


Vorläufige Sicherungsmaßnahmen

In einem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Köln, Aktenzeichen 116 Js 827/11, gegen U** G*** als Verantwortlichen der Depa Datenarchiv UG aus Köln wurden aufgrund von dinglichen Arresten des Amtsgerichts Köln gegen die Depa Datenarchiv UG, vertreten durch U** G***, Vastersstr. 23, 50825 Köln, auf einem Konto der Hypo Vereinsbank/Uni Credit (Kontonummer: 14661190) Vermögenswerte i. H. v. insgesamt 33.035,89 € sowie auf einem Konto der Deutschen Bank Privat- und Geschäftskonten AG (Kontonummer: 242534600) ein weiterer Betrag von 7.993,12 € gesichert, um Vermögensverschiebungen zu verhindern.

Die staatsanwaltschaftlichen Sicherungsmaßnahmen und ihre Bekanntmachung nach § 111e Abs. 4 Strafprozessordnung sollen Tatverletzten die Möglichkeit eröffnen, ihre Ansprüche in das gesicherte Vermögen durch eigene zivilrechtliche Vollstreckungsmaßnahmen zu sichern. Eine bloße Anmeldung der Forderung bei der Staatsanwaltschaft ist nicht ausreichend! Die Aufrechterhaltung dieser vorläufigen Sicherungsmaßnahmen für die Tatverletzten ist zudem zeitlich begrenzt. Da nicht absehbar ist, wie lange das Gericht die Sicherungsmaßnahmen aufrechterhalten wird, wird allen Tatverletzten dringend empfohlen, umgehend selbst tätig zu werden. Im Übrigen wird auf die §§ 803, 804 Zivilprozessordnung verwiesen.
Quelle: ebundesanzeiger (https://www.ebundesanzeiger.de/ebanzwww/wexsservlet)