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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Als ich mal Spammer war - oder: Ich war jung und brauchte das Geld ;-)



Tombola
24.09.2003, 22:33
Jaja, auch ich war mal eher unfreiwillig mit in diesem Zirkus eingespannt und habe mich für eine Firma durch Deutschland spammen müßen.
Aber: Nur für zwei Tage.
Ich möchte mal einen kleinen Blick hinter die Kulissen dieses Geschäfts, bzw. eine Sparte des Telefonspam-Geschäftes geben:
Bei der Firma, bei der ich genau zwei Tage arbeitete (eher einen Tag: ein Tag Probearbeit, ein Tag "bezahlte" Arbeit) handelte es sich um eine Dortmunder Firma, die in verschiedenen Tageszeitungen mit einer Anzeige wie "Callcenter sucht Mitarbeiter, 12 DM/Stunde" warb.
Um was es sich handelte, erfuhr ich erst später.
Ich dachte ehrlich gesagt, daß ich mit Kundenanrufen VON Kunden zu tun haben dürfte, aber es kam alles anders.
In einem kurzen Einstellungsgespräch erfuhr ich, daß man Leute anrufen mußte und daß man für die Entlohnung einen Gewerbeschein brauchte.
Mich wunderte damals nur, daß ein anderer Bewerber, der auch an dem Job interessiert war sofort "OK, dann ist das für mich nichts, tschüss" sagte, und aus dem Büro ging.
Ich war mir aber in dieser weitreichenden Angelegenheit in keiner Weise im klaren, was das ganze nämlich bedeutete, endete es doch in der Scheinselbstständigkeit.
Die Dortmunder Firma betrieb ein Callcenter und verkaufte u.A. für eine andere, Düsseldorfer Firma Lottoscheine in Tippgemeinschaften.
Man könnte es mit "Faber für Arme" beschreiben.
Jedenfalls wurde ich eingearbeitet und bekam einen Leitfaden für das, was ich sagen mußte und einen Leitfaden für alle Fälle "X", wenn der "Kunde" (oder besser "Opfer"?) nicht so wollte, wie man sich das vorstellte.
So stand auf diesem Blatt z.B.: "Da wir unsere Kundschaft vor allem früh morgens erreichen, werden sie oft nur Hausfrauen sprechen. Sagen Sie dann `das ist doch Jacke wie Hose, Frau XXX, das können Sie doch genau so gut entscheiden wie Ihr Mann`".
Kurzum: Man setzte darauf, Hausfrauen zu überrumpeln.
Weiter wurden die Leute mit doppeldeutigen Sätzen wie "Sie gehen kein Risiko ein, da eine telefonischer Vertragsabschluß in Deutschland erst einer schriftlichen Bestätigung bedarf." geködert.
Hörte sich für den Kunden also an, daß er da noch was unterschreiben müßte und so immer noch Gelegenheit hätte, es sich anders zu überlegen.
War aber nicht so: Mit der Bestätigung meinten die den Wisch, den sie den "Kunden" schickten.
Soviel zum Thema "kein Risiko".
So ein "Kunden"-Gespräch began immer mit den Worten: "Hallo Herr/Frau XXX, ich rufe an im Auftrag (Anmerkung: Man beachte die Spitzfindigkeiten in der Wortwahl) der Firma XXX Düsseldorf.
Wir wissen, daß in Ihrer Familie schon einmal Lotto gespielt wurde".
Natürlich eine glatte Lüge und ein Schuß ins Blaue, da in fast jeder Familie schon mal Lotto gespielt wurde.
In der Tat hatte auch die Dortmunder Firma nichts anderes getan, als aus irgendwelchen Quellen Namen und Telefonnummern rauszusuchen.
Das sah man auch an den Telefonlisten selber: Oft kamen mehrere Personen eines Haushalts darauf einzeln vor.
Das war dann ziemlich dumm, wenn man innerhalb von einer Stunde drei mal die gleiche Nummer wählte und es nichtmal bewußt registrierte (wer hat schon die letzten 150 Nummern im Kopf).
Die Arbeit war wirklich anstrengend, da man teilweise 400-500 Anrufe pro Schicht mit immer dem gleichen Text machen mußte und dabei die unterschiedlichsten Reaktionen erntete.
Ich arbeitete noch diese eine Schicht und lies mir von Freunden erstmal genau erklären, was es mit dem Gewerbeschein in der Praxis auf sich hatte.
Auf Scheinselbstständigkeit hatte ich keine Lust und so holte ich meinen Lohn auch nicht ab.
Besser gesagt: Ich stellte der Firma keine Rechnung aus, wie ich es als "Selbstständiger" hätte machen müßen.
Jedenfalls ist mir seit dem klar, daß die Callcenter-Leute echt arme Schweine sind.
Sie arbeiten in einer rückratlosen Brange: Die Düsseldorfer Firma schiebt ihre Verantwortung an die Dortmunder Firma ab und die wieder an ihre "Mitarbeiter", die letztlich als "Selbstständige" für alles haftbar gemacht werden können.
In diesen zwei Tagen habe ich **mindestens** drei mögliche Straftatbestände gezählt: Vortäuschung einer Straftat (Vortäuschung des Bruchs von Datenschutzbestimmungen: "wir haben Informationen, daß Sie Lotto gespielt haben"), Beschäftigung von Scheinselbstständigen und arglistige Täuschung/Betrug, weil die "Mitarbeiter" angewiesen wurden, die Kunden mit doppeldeutigen und/oder verwirrenden Zahlen und Daten über Kosten und Gewinnaussichten übers Ohr zu hauen.
Vom "leider" nicht strafbaren Methoden wie die Anweisung, mit allen psychologischen Mitteln hart an die Grenze zu gehen, mal ganz abgesehen.
Was wirklich erschreckend ist, ist die Tatsache, daß ein nicht zu unterschätzender Wirtschaftszweig aus rückratlosen Betrügereien besteht.
Letztens traf ich einen "alten Schulfreund" wieder, der mir die tollsten Lohnversprechungen machte, wenn, ja wenn ich nur in "seine Firma" käme.
Der gesunde Menschenverstand sagt mir, daß man, wenn man von "alten Freunden" solche Angebote bekommt, sie einen entweder einladen, zusammen mit ihnen andere Leute übers Ohr zu hauen, oder man selber übers Ohr gehauen werden soll.
In diesem Fall traf letzteres zu, wollte er doch, daß ich bei AWD anfangen sollte, einem Sektenähnlichen Versicherungsvertreterverein, der keinen Deut besser als obige, Dortmunder Firma ist.
Wie gesagt: Es ist ein Wirtschaftszweig und in meinen Augen sind solche Firmen Parasiten der Gesellschaft, weil sie rückratlos und halb betrügerisch arbeiten.

webeinspunktnull
25.09.2003, 04:03
kann durchaus sein - das mich dieser Haufen schon mehrfach angerufen hat - bei mir klingelts nämlich. Aber an mir hatten die keine Freude. Am Schluss hab ich sogar einfach aufgelegt wenn sie dieses freundliche Lotto T*** ... gemeldet hatte.
Mein Chef fiel draufrein auf die Unterschreibmasche. Die Wettbewerbszentrale bekams dann von mir eingereicht...
Man redete sich dann raus, mann habe ihn verwechselt mit einem mitspielwilligen....
Diese Düsseldorger Klitsche hat am häufisgten angerufen - Zwischendurch auch mal andere
aber immer selbe Masche
Bei mir haben Versicherer, Zeitungsonkels und der gleichen mehr am Phon eh keien Chance, denn ich schliess gar nix ab, da können die noch so schön reden
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Wehret den Anfängen!