Das Durchsetzungsdefizit in Deutschland hat zwei Gründe.
1.) Es gibt in Deutschland keine Behörde, die (wie in anderen Ländern die Wettbewerbsbehörden, z.B. in den USA die F.T.C.) das Wettbewerbsrecht notfalls mit Strafsanktionen (Ordnungsgelder, Gebühren) durchsetzt. Die Wettbewerbszentrale ist eine nichtstaatliche Organisation in Form eines freiwilligen Zusammenschlusses privater Unternehmen unter einer Art Dachverband. Ein in weiten Teilen zahnloser Tiger.
Dass es keine Wettbewerbsbehörde gibt, ist seit Jahrzehnten in Deutschland politisch so gewollt. Man ist der Meinung, dass - damit die Wirtschaft florieren möge - ein paar kleine Schweinereien als Kollateralschaden in Kauf zu nehmen sind. Es wird nicht zur Kenntnis genommen, dass der unlautere Wettbewerb großen volkswirtschaftlichen Schaden anrichtet.
2.) Die Rechtsprechung im Wettbewerb ist in Deutschland uneinheitlich, teilweise unberechenbar. Das fängt schon bereits mit der Bemessung der Streitwerte an. Das eine LG hält 50 Euro für angemessen (womit dann die Sache schön ans AG zu verweisen ist), das andere 1000, das nächste 5000. Man gewinnt auch den Eindruck, dass das Wettbewerbsrecht für nicht wenige Richter eine unbequeme, lästige Materie zu sein scheint, die man sich durch Manöver wie Runterdeckelung der Streitwerte und teils wirklich absurde Rechtsverbiegung in den Urteilen nach Möglichkeit vom Hals halten sollte. Das gerichtlich angewandte Wettbewerbsrecht ist in Deutschland ein undurchsichtiger Lianen-Verhau, in dem sich nur wirklich erfahrene Anwälte zurechtfinden, und der Zeitaufwand für die Bearbeitung der Fälle ist vergleichsweise hoch. Was dazu führt, dass auch für viele Anwälte das Wettbewerbsrecht nicht unbedingt _das_ beliebteste Gebiet ist. Nicht jeder Anwalt ist bereit, Fälle zu übernehmen angesichts der Streitwerte und des Zeitaufwands.
Auch diese Situation scheint zumindest indirekt politisch so gewollt zu sein. Ziel ist es, die Verfolgung von Ansprüchen aus diesem Gebiet so unattraktiv und umständlich wie möglich zu machen - um die heilige Kuh des "freien Marktes am Heiligen Wirtschaftsreich Deutscher Nation" nach Möglichkeit unangetastet zu lassen.