Beitrag #37 bin ich. Ich bin kein Anwalt, aber ich versuche es mal, soweit das eben möglich ist, losgelöst vom juristischen Schreibstiel zu erläutern.
RA Richter hat Spam bekommen. Daraufhin hat er selbst abgemahnt. Unterlassung, Datenschutzauskunft, das ging sauber durch. Aber er verlangt auch ein Schmerzensgeld, dass mindests 500€ betragen sollte. Als Grund zieht er die DSGVO heran., dort §82 Abs. 1.:
Da hat das AG Goslar nicht mitgespielt. Es sei auch nur eine Werbe-E-mail gewesen, die als solche auch klar erkennbar sei. Das sei nur eine bagatelle, da gäbe es kein Schmerzensgeld.Zitat:
Art. 82 DSGVO Haftung und Recht auf Schadenersatz
Jede Person, der wegen eines Verstoßes gegen diese Verordnung ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, hat Anspruch auf Schadenersatz gegen den Verantwortlichen oder gegen den Auftragsverarbeiter.
Also wurde ein Teil der Klage (bezüglich des Schmerzensgeldes) abgewiesen. Aufgrund der teilweisen Klageabweisung lag der Streitwert unter 600€. Das wäre die Grenze, die man braucht, um Berufung beim Landgericht einlegen zu können. Also ist das Amtsgericht erstinstanzlich und letztinstanzlich hier zuständig gewesen. Eine Anhörungsrüge durch den Kläger hat das Amtsgericht zurückgewiesen.
Und da sagt das Bundesverfassungsgericht nun: Hey, Moment, so geht es ja nicht.
Jetzt muss man nochmal weitersuchen. Hier im:Zitat:
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
Art 101
(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.
Dort steht im Art 267 Abs. 3:Zitat:
Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union
Sechster Teil - Institutionelle Bestimmungen und Finanzvorschriften (Art. 223 - 334)
Also: das hat das AG Goslar nicht gemacht und nun muss es die Sache neu verhandeln. Dazu gibt das Bundesverfassungsgericht einige Hinweise.Zitat:
Wird eine [...] Frage in einem schwebenden Verfahren bei einem einzelstaatlichen Gericht gestellt, dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, so ist dieses Gericht zur Anrufung des Gerichtshofs verpflichtet.
So z. B.
Zitat:
In der bislang vorliegenden Literatur, die sich [...] wohl für ein weites Verständnis des Schadensbegriffes aus*spricht, sind die Details und der genaue Umfang des Anspruchs noch unklar.
Das ist dann schon ein heftiger Schlag ins Kontor. Das AG Goslar hat bezüglich dem Schadensersatzanspruch von "fehlender Erheblichkeit" gesprochen. Also zu deutsch: einer Kleinigkeit, eine bagatelle. Nach dem Motto: war doch nur eine E-Mail, was willst du da mit Schmerzensgeld? Nur: weder die DSGVO, noch die Literatur, noch der Gerichtshof der Europäischen Union kennen das Ausschlusskriterium der "Bagatelle". Das AG Goslar hat sich also schlichtweg einen grund ausgedacht, um den Schadensersatz zu streichen. Alles nach dem Motto: ist doch alles nicht so schlimm.Zitat:
[Das AG Goslar] hat so*dann aber verfassungsrechtlich relevant fehlerhaft eine eigene Auslegung des Unionsrechts vorgenommen, indem es sich für die Ablehnung des Anspruchs auf ein Merkmal fehlender Erheblichkeit gestützt hat, das so weder unmittelbar in der DSGVO angelegt ist, noch von der Literatur befürwortet oder vom Gerichtshof der Europäischen Union verwendet wird.
Jetzt muss das AG Goslar also neu verhandeln. Und die Richter müssen sich neue Gedanken machen, wie das mit dem Schadensersatz aussieht. Da sie dies aber nicht selbst können, müssen sie den Europäischen Gerichtshof fragen. Und das wird dann interessant, wenn du ein Urteil vom EUGH hast, dass da besagt, dass Schmerzgeld bei Spamming zu zahlen wäre.