Am Abend des 17. Februar 2007 erreichte mich auf einer meiner bis dahin spamfreien Web.de-Adressen eine Nachricht, daß ich an einem Gewinnspiel der Fa. Planet49 teilgenommen hätte. Das war mir zwar neu, aber es kommt ja schon ab und zu vor, daß andere mehr wissen, als man selbst.
Natürlich wollte ich nicht teilnehmen, also ignorierte ich den freundlichen Link.Hallo XXX,
Sie haben soeben am großen AUDI A3 Gewinnspiel von PLANET49 teilgenommen.
Um Ihre Teilnahme abzuschließen und die Preise gewinnen zu können, klicken Sie bitte auf diesen Link:
whois: [Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. ]
Dies dient zur Verifizierung Ihrer Daten, damit wir sicher gehen können, daß Sie auch wirklich teilnehmen und gewinnen möchten.
Viel Spass beim Spielen und viel Glück
Ihr PLANET49 Team
Clever wie man bei Planet49 nun einmal ist, war es mit der Verabschiedung jedoch noch nicht getan. Nach 10 (in Worten: ZEHN) Leerzeilen wies man mich darauf hin, daß ich natürlich auch die Möglichkeit habe, mich per Mausklick aus dem mit der Gewinnspielteilnahme verbundenen Newsletter auszutragen.
Da ich mich aber doch nirgends eingetragen hatte, sah ich auch keinen Grund, mich irgendwo auszutragen.
PS: Sie erhalten diese Mail, da Sie sich beim AUDI A3 Gewinnspiel, einem Service von PLANET49 angemeldet haben.
PLANET49 versucht immer höchsten Qualitätsstandards gerecht zu werden.
Sollten Sie Fragen oder Beschwerden haben, wenden Sie sich bitte an uns.
Sollten Sie sich nicht selbst bei uns eingetragen haben, so klicken Sie
bitte hier und Ihr Eintrag wird wieder entfernt.
Damit entfällt allerdings auch die Chance zu gewinnen.
whois: [Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. ]
Drei Tage dachte ich, es wäre damit erledigt. Aber: Pustekuchen! Am 20.02.2007 wollte mich wieder jemand beglücken und mir einen Gewinn ankündigen. gewinn-mailing.de, ein Dienst der Centurixx GmbH in Zusammenarbeit mit der EBCS Ltd. aus Bad Sachsa, bot mir ein Auto im Wert von 57000 Euro an. Offenbar hat Centurixx etwas festgestellt, was mir in den vergangenen 4 0Jahren entgangen sein muß. Nämlich, daß wir in irgendeinem Vertragsverhältnis stehen (sollen).
Von hier an ging es in meinem Mail-Postfach zu wie in einem Taubenschlag. Am 21.02.2007 wollten schon drei verschiedene "Geschäftspartner" vergessene Kontakt aufleben lassen. Neben einer Erinnerung von Centurixx wollte mir die Fa. Conrad Electronic ihre Vertriebsschiene cXtreme.de nahelegen. Und die Unister GmbH aus Leipzig meinte, daß die Seite Geld.de doch sicherlich auch von Interesse für mich sein könnte.
Im Laufe der kommenden 14 Tage addierte sich die Anzahl der Spammails auf insgesamt ca. 70. Beworben wurden
- tchibo.de
- aidu.de
- auto.de
- minibid
- preisvergleich.de
- auvito.de
- u.a.
Mitte März holte ich dann zum Rückschlag aus.
Per Gerichtsvollzieher stellte ich u.a. folgenden Unternehmen Unterlassungsaufforderungen zu:
- Tchibo
- Conrad
- Planet49
- Preisvergleich.de GmbH
- Unister GmbH
- Centurixx
Bis zu diesem Zeitpunkt war mir noch nicht bekannt, daß die Quelle für alle Spammails auf dieser Adresse die nicht bestätigte "Anmeldung" bei Planet49 gewesen ist. Von allen angeschriebenen Unternehmen erhielt ich entweder die direkte Bestätigung, daß die Daten von der Planet49 GmbH stammten oder den Hinweis, mich an die Planet49 GmbH zu wenden, in deren Auftrag man zum Beispiel das Mailtracking durchführte.
Hier nun die Reaktionen:
1. Planet49 GmbH
Der von Planet49 eingeschaltete Rechtsanwalt ist der mit Sicherheit so nicht an deutschen Universitäten gelehrten Meinung, daß die Planet49 GmbH nach der Löschung der Daten keinerlei Auskunftspflicht mehr trifft. Eine Sperrung der Daten wurde natürlich auch nicht bestätigt und die Unterlassungserklärung ebenfalls nicht unterzeichnet.
2. Conrad Electronic GmbH
Entweder man hat einen schlechten Anwalt oder man glaubt dessen Ausführungen nicht. Eine Unterlassungserklärung könne man nicht unterschreiben, da man auf Grund der vielen Kunden und der Möglichkeit, Newsletteranmeldesysteme zu mißbrauchen, eine Garantie nicht abgeben könne. Der Vertreter der Conrad electronic GmbH bestätigt sogar, daß man über den Mißbrauch informiert ist. Conrad nimmt also billigend in Kauf, daß durch das hauseigene Newslettersystem Unbeteiligte belästigt werden.
3. Tchibo GmbH
Die einzigen, die anstandslos die Unterlassungserklärung unterschrieben haben.
Schön und wünschenswert wäre, wenn auch die Adresslieferanten näher unter die Lupe genommen würden.
4. Preisvergleich.de GmbH
Zum Zeitpunkt des Versandes hatte diese Firma noch eine Adresse im Impressum stehen, die sich von der tatsächlichen Anschrift unterschied. Der Gerichtsvollzieher wußte dies jedoch und stellte die Post korrekt zu. Erst hier fiel auf, daß Anschrift und Geschäftsführer identisch sind mit denen der Unister GmbH.
Eine Unterschrift unter die Unterlassungserklärung wollte man nicht erteilen. Aber man versicherte, daß man mich aus dem Verteiler löschen würde. Um mich nicht zu wiederholen, kann man die Fortsetzung bei der Unister GmbH nachlesen.
5. Centurixx GmbH
Die Mitarbeiterin, die meine Anfrage beantwortete, erdreistete sich, meine angebliche Anmeldung bei einem Dritten als Tatsache (!) darzustellen! Sie hat aber geistesgegenwärtig meine schriftliche Abmahnung als Widerruf meiner (angeblichen) Zustimmung gewertet und meine Mailadresse aus dem Centurixx-Verteiler gelöscht.
6. Unister GmbH
Das Sahnehäubchen. Nahezu täglich gingen von diesem Unternehmen Werbemails in meinem Mailfach ein. Die Abmahnung bewirkte, daß mir sowohl per e-Mail als auch per Brief zugesichert wurde, meine Adresse aus dem Verteiler gelöscht zu haben. Trotzdem kamen weiterhin Werbesendungen bei mir an.
Die beim LG Frankenthal beantragte Einstweilige Verfügung wurde am 16.05.2007 zugestellt. Nach der Zustellung erreichten mich weitere Werbemails, eine sogar nachdem die Unister GmbH die EV anerkannt hatte. Folge: Antrag auf Festsetzung von Ordnungsgeldern in zwei Fällen ist gestellt. Die beantragte Höhe der Ordnungsgelder ist auf Grund der wiederholten Mißachtung meiner Aufforderung UND des gerichtlichen Beschlusses sehr hoch.
Durch die unberechtigte Nutzung meiner Mailadresse durch die Planet49 GmbH sind mir - wie man oben sehen kann - enorme Kosten entstanden. Diesen Schaden werde ich bei der Verursacherin auf dem Klagewege geltend machen. Da auf anderen Mailadressen ebenfalls in unterschiedlichen Abständen unbestellte Werbung eingeht, die (nachweislich) der Verursacherin zuzuschreiben ist, kann von einem einmaligen Versehen oder einem Softwarefehler keine Rede sein.
Die Mailadresse ist übrigens seit kurzer Zeit wieder spamfrei.
Persönliche Stellungnahme:
Die obige Schilderung ist keine Darstellung vereinzelt auftretender fehlgeleiteter Werbemaßnahmen. Alle Behauptungen können durch Vorlage der Gerichtsvollzieher-Zustellungsurkunden und/oder der Gerichtskorrespondenz amtlich nachgewiesen werden; die streitgegenständlichen Mails sind verfügbar.
Da ich zumindest von vier der oben genannten sechs Unternehmen auch auf anderen Mailadressen mit Werbung überhäuft werde (ohne dies auch nur in einem einzigen Fall gewünscht zu haben), wollte ich hier einmal an Hand von beweisbaren Fakten die Vorgehensweisen der Datensammler sowie die Flüsse der Daten durch die deutsche Unternehmenslandschaft offenlegen.
Die Bekanntgabe persönlicher und personenbezogener Daten ist Vertrauenssache. Daher sehe ich die Veröffentlichung meiner Erfahrungen und Erlebnisse als Teil eines Prozesses an, in welchem sich jeder Leser selbst seine eigene Meinung bilden kann, wem er sein Vertrauen in Zukunft schenken kann/soll/möchte.
Die Wirtschaft (Handel, Banken, Versicherungen u.a.) bauen ihr Vertrauen bei der Anbahnung von Geschäftsbeziehungen auf Auskünfte aus Schuldnerdatenbanken und anderen Quellen auf. Dabei geht es einzig und allein um rein wirtschaftliche Verluste, die verhindert werden sollen. Der Gesetzgeber hat derartigen Datenbanken bedenkenlos seinen Segen erteilt. Mit Sicherheit nicht ganz zu Unrecht.
Schaut man sich jedoch die derzeitige Diskussion um die Einrichtung von Datenbanken über Kinderschänder an, dann fragt man sich, wo hier die Verhältnismäßigkeit geblieben ist. Warum darf eine Datenbank, die viele Leben retten kann, nicht geführt werden, während Auskunftsdienste zum "Schutz der Wirtschaft" jeden Bürger quasi ausziehen dürfen? Weshalb sollte der Schutz der wirtschaftlichen Belange eines Rechtsbeugers oder gar Rechtsbrechers mir untersagen, meine Erfahrungen mit diesem Rechtsbrecher mit anderen zu kommunizieren?
Ich bin für Datensammler kein Freiwild. Meine Daten auch nicht. Es hat mich gefreut, daß Tchibo die Angelegenheit schnell und juristisch korrekt abgewickelt hat. Schön wäre es, wenn andere Unternehmen ebenso handeln würden. Noch schöner allerdings wäre es, wenn sich Unternehmen, die wie Tchibo seit vielen Jahren als seriös bekannt sind, ihre Geschäftspartner vor dem Vertragsabschluss ein wenig besser ansehen würden. Die Banken machen es vor.
Dies war jetzt kein Plädoyer für die Einrichtung von Kinderschänderdatenbanken. Es ist eher als Anstoß gedacht, darüber nachzudenken, wie wir mit unseren Daten umgehen.
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