Immer wieder liest man in Internetforen Fragen bezüglich Mahnungen wegen alter Forderungen aus gekündigten Ratenzahlungskrediten oder Bankkrediten/Dispokrediten.
Solche Mahnungen trudeln bei betroffenen Verbrauchern teilweise erst mehrere Jahre nach Kündigung des Kredits bzw. des Kontos ein.
An vielen Stellen wird über z.B. Mahnungen eines Rechtsanwalts Heyl, der z.T. noch nach Jahren Nachforderungen aus gekündigten Konten oder Krediten der Postbank geltend macht, berichtet. Aber auch von anderen Banken oder Ratenzahlungsgesellschaften sind solche Mahnungen bekannt.
Viele Betroffene sind nun der falschen Ansicht, dass nach 4 Jahren diese Forderungen verjährt seien.
Vorsicht!
Dem ist nicht automatisch so. Bei Verbraucherdarlehensverträgen (dazu gehören Ratenkäufe, aber auch Überziehungskredite oder Dispokredite bei Girokonten!) greift eine Spezialregelung, nämlich die des § 497 BGB: es gilt eine 10-jährige sogenannte "Hemmung", bevor danach dann noch die 3-jährige Verjährungsfrist zu laufen beginnt. Damit wären solche Forderungen erst im 14. Jahr nach Kündigung des Kredits verjährt.
Lesen Sie dazu auch unseren Wiki-Artikel über dieVerjährung .
Aber!
Wie fast überall im Rechtswesen, gibt es hierbei mehrere wichtige "Abers", die Sie als Betroffener kennen sollten, und wodurch dann Ihre Rechtsposition enorm verbessert wird. In dem o.g. Artikel werden diese "Abers" genau erklärt.
Diese "Abers" führen dazu, dass sich die angeblichen Forderungen der Banken dann doch sehr oft in Luft auflösen. Bei genauer Prüfung der Sache stellt sich nämlich heraus, dass entgegen der Trompeterei des mahnenden Anwalts/Inkassobüros eben doch die Verjährung bereits eingetreten ist.
Wenn tatsächlich die Verjährung eingetreten ist, hat dies für Sie enorme Vorteile. Denn selbst wenn Sie z.B. nach einigen Jahren leider die Kontobelege weggeworfen haben, brauchen Sie bei eingetretener Verjährung keine Nachweise mehr zu erbringen, dass Sie korrekt bezahlt haben. Das würde für Sie die Sache viel einfacher machen.
Im wesentlichen sollten Sie als Betroffener daher prüfen oder durch eineRechtsberatung prüfen lassen, ob eine der folgenden Fälle auf Ihren Fall zutrifft:
Fall 1 - Die Bank hat fällig gestellt, jedoch nie gemahnt
Dies dürfte eine sehr häufige Fallkonstellation sein. Wenn die Bank oder die Ratenzahlungsagentur aufgrund Ihrer ausbleibenden Zahlung zwar den Kredit gekündigt und die Restsumme "fällig gestellt" hat, jedoch Ihnen niemals eine Mahnung hat zukommen lassen - dann greift die 10-jährige Hemmung aus § 497 BGB nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt nicht.
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Das bedeutet: mit Beginn des vierten Kalenderjahrs nach Kündigung des Kredits oder Kontos nebst Fälligstellung ist die Forderung verjährt.
Fall 2 - Alle Raten waren korrekt bezahlt, oder das Girokonto ist gekündigt ohne Restsaldo, und es gab ebenfalls nie eine Mahnung
Dieser Fall gleicht prinzipiell dem ersten Fall: aufgrund einer fehlenden Mahnung hat die Bank Sie nach Aufhebung des Kontos bzw. nach vollständiger Zahlung der Raten nie in Verzug gesetzt. Damit greift auch hier das in Fall 1 zitierte Urteil. Es gibt keine 10-jährige Hemmung, und mit Beginn des 4. Kalenderjahrs nach Auflösung des Kontos bzw. nach Zahlung der letzten Rate ist die Forderung verjährt. Aus und vorbei. Das Inkassobüro oder der Mahnanwalt kann drohen, geifern und trompeten, wie er will. Es ist auch hier unerheblich, ob Sie die alten Kontobelege noch haben. Sie brauchen nicht mehr zu beweisen, dass Sie alles korrekt bezahlt hatten.
Fall 3 - Es gab zwar eine Mahnung, danach ist aber jahrelang gar nichts mehr passiert
Wenn der Ratenkredit oder das Girokonto gekündigt wurde und wenn der Restbetrag fällig gestellt und gemahnt wurde, dann können Sie sich evtl. auf die Einrede der "Verwirkung" berufen. Lesen Sie dazu unseren Wiki-Artikel über dieVerwirkung und fragen Sie einen Anwalt. Speziell wenn die Kündigung 8 Jahre oder länger zurückliegt, dann greifen die beiden in dem o.g. Artikel genannten Urteile, und zwar selbst dann, wenn es einen Vollstreckungstitel gegen Sie geben sollte.
Beweispflicht für die Zustellung einer Mahnung
Im Streitfall ist die Bank bzw. die Ratenzahlungsagentur beweispflichtig dafür, dass Ihnen nach Kündigung des Kredits eine Mahnung zugestellt wurde.
Wie gesagt: holen Sie im ZweifelsfallRechtsberatung ein.
Und noch etwas: unterschreiben Sie unter gar keinen Umständen irgendeine Ratenzahlungsvereinbarung, ohne dass Sie dies erst prüfen lassen! Denn mit der Unterschrift unter diese Vereinbarung erkennen Sie meistens auch die Forderung an. Eine Forderung, die evtl. vorher gar nicht bestanden hatte. Und es wird durch diese Vereinbarung auch zu allem Überfluss noch die eigentlich bereits eingetretene Verjährung wieder aufgehoben!.
Und sie nicken evtl. dem Mahnanwalt oder dem Inkassobüro auch noch irgendwelche völlig überzogenen Nebenforderungen ab. Wucherzinsen, Mondlandegebühren, Piccolo-Umlage für die Chefsekretärin u.s.w., wofür es vorher nie einen Anspruch gab.
Also:
Ratenzahlungsvereinbarung => Pfui! Finger weg. Erst prüfen lassen!
Auch, wenn Sie meinen, kein Geld für den Anwalt zu haben: Sie können unter Vorlage Ihrer Einkommensnachweise beim örtlichen Amtsgericht einen Rechtsberatungsschein beantragen. Sie zahlen dann noch 10 Euro und können zum Anwalt gehen.
Die Rechtsberatung bei den Verbraucherzentralen kostet ca. 15 Euro.
In der Regel reicht bei den o.g. Fällen ein Schreiben Ihres Anwalts oder der Verbraucherberatung, dass sich die Forderung in Luft auflöst.
Bei widersprochener Forderung darf der Anwalt oder das Inkassobüro Sie auch nicht bei derSchufa eintragen - § 28a BDSG. Für den Fall der Zuwiderhandlung wehren Sie sich mit einem Anwalt, dieser soll seine Kosten der Gegenseite in Rechnung stellen, zuzüglich Schadenersatzforderungen aus § 824 BGB, falls Ihnen wegen des widerrechtlichen Eintrag z.B. eine Finanzierung platzt.
Bei Mahnbescheid (gelber Brief vom Amtsgericht): legen Sie unbedingt Widerspruch beim Mahngericht ein, innerhalb 14 Tagen. Lesen Sie auch unseren Artikel über denMahnbescheid .
Falls Sie niemals ein Konto bei der betreffenden Bank hatten bzw. niemals einen Ratenkredit wie in der Mahnung erwähnt: stellen Sie Strafanzeige wegen des versuchten Betrugs.
Aber wie auch immer: wehren Sie sich. Die Kosten für die Rechtsberatung sind auf jeden Fall gut angelegt, angesichts der oft horrenden Forderungen von z.T. mehreren Hundert oder sogar Tausenden Euro.
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