Ein Mahnbescheid ist eine Möglichkeit des deutschen Zivilprozessrechts, einen Schuldner ohne Gerichtsverhandlung zur Zahlung einer Geldsumme zu bewegen. Der Gläubiger muss hierfür lediglich ein Formular ausfüllen, dieses ans zuständige Amtsgericht schicken und eine relativ geringe Gebühr vorschießen.
Es handelt sich um ein "vereinfachtes" gerichtliches Verfahren ohne Gerichtsurteil. Da dies aber ein vereinfachtes Verfahren ist, können Sie als vermeintlicher "Schuldner" auch sehr einfach aus der Sache herauskommen. Nämlich mit dem Widerspruch, wenn die Forderung unberechtigt ist. Mehr dazu weiter unten. |
|
Wichtig zu wissen:
Das Amtsgericht prüft bei der Ausstellung des Mahnbescheids nicht, ob die Forderung zu Recht besteht.
Es ist also damit keinesfalls gesagt, dass die Forderung des tatsächlichen oder vermeintlichen Gläubigers auch rechtens ist. Grundsätzlich kann in Deutschland jeder gegen jeden so einen Mahnbescheid beantragen - möglicherweise auch ohne jeden Grund.
Wenn Sie ein solches Schreiben einmal bekommen sollten, prüfen Sie bitte zuerst, ob es sich überhaupt wirklich um einen echten, gerichtlichen Mahnbescheid handelt. Mittlerweile gehört es nämlich zu den Einschüchterungsmethoden mancher Abzockerfirmen oder unseriöser Inkassobüros, vorausgefüllte Mahnbescheid-Antragsformulare zusammen mit dem Drohbrief dem "Schuldner" zuzustellen. Solche Antragsformulare kann sich aber jedermann frei beschaffen, die besagen also überhaupt nichts. Oft werden auch Mahnungen in gelben Briefumschlägen versendet, wie sie auch von den Mahngerichten verwendet werden. Sie erkennen den echten Mahnbescheid aber immer am Absender und am Poststempel, er muss von einem Gericht kommen. Kommt er vom Anwalt oder vom Inkassobüro selbst, ist es kein echter Mahnbescheid. Auch wenn viele Anwälte das dann als "anwaltlichen Mahnbescheid" bezeichnen, hat das nichts mit dem Gericht zu tun, sondern es handelt sich im Prinzip um eine ganz normale Mahnung.
Oft können Sie gerade anhand solcher plumper Manöver erkennen, dass hier nur ein Abzocker bluffen will, dass er aber mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht Ernst machen wird (ansonsten hätte er die Drohung längst wahr gemacht). Lassen Sie sich von solchen billigen Methoden nicht bluffen.
Einen gerichtlichen, echten Mahnbescheid erkennt man meist am gelben Briefumschlag sowie an der Tatsache, dass er mit Postzustellungsurkunde zugestellt wird (Vermerk des Postboten auf dem Umschlag). Und der echte Mahnbescheid kommt immer von einem Amtsgericht (nicht vom Inkassobüro/Anwalt).
Als nächstes sollten Sie prüfen, ob die Forderung rechtmäßig ist. Wichtig dabei ist vor allem die Frage, ob überhaupt ein wirksamer, bindender Vertrag mit dem Forderungssteller besteht. Sind Sie sich nicht sicher, fragen Sie einen Anwalt oder eine Verbraucherberatung. In jedem Fall hängt von der Beantwortung dieser Frage ab, ob Sie dem Mahnbescheid widersprechen sollten, oder ob Sie die Forderung anerkennen und zahlen. Sie sollten in keinem Fall bei einer berechtigten Forderung dem Mahnbescheid einfach widersprechen und damit einen teuren Prozess riskieren.
Lesen Sie auch den Artikel: Unrechtmäßige Forderungen.
Der Schuldner hat vier Möglichkeiten:
Wird Widerspruch erhoben, kann der Gläubiger Klage auf Zahlung erheben. Er beantragt dann die Überleitung ins streitige Verfahren und wird vom Gericht zur Abgabe einer Klageschrift aufgefordert. Der Schuldner wird dann vom Gericht hierüber benachrichtigt und zur Abgabe einer Klageerwiderung aufgefordert. Dies sollte natürlich unbedingt durch einen Anwalt erfolgen. Es kommt dann zu einer Gerichtsverhandlung. Erscheinen weder der Schuldner noch sein Anwalt, hat der Schuldner den Prozess so gut wie verloren. Es wird dann "nach Aktenlage" meist zu Gunsten des Klägers mit einem "Versäumnisurteil" gegen den Beklagten entschieden.
Erscheinen Sie und Ihr Anwalt jedoch zum Prozesstermin und widersprechen der Forderung, dann ist der Kläger in der Beweispflicht, dem Gericht glaubhaft zu machen, dass die Forderung rechtens ist. Daher brauchen Sie bei einer unberechtigten Forderung keine Angst vor so einem Prozess zu haben. In der Tat zeigt es sich auch immer wieder, dass unseriöse Forderungssteller meistens erst gar keinen Prozess riskieren. Zentraler Streitpunkt ist in sehr vielen Fällen immer wieder Frage, ob ein wirksamer Vertrag vorliegt. Hierfür ist der Kläger in der Beweispflicht, und bei unseriösen Abzockmodellen ist dieser Beweis in aller Regel kaum zu erbringen. Die Folge ist unweigerlich, dass der Kläger verliert und alle Gerichtskosten zu zahlen hat.
Erhebt der Gläubiger keine Klage, fallen die Rechtsfolgen des Mahnbescheids nach sechs Monaten weg, sprich: der Fall ist erledigt. Der Gläubiger könnte zwar theoretisch wieder einen neuen Mahnbescheid beantragen, müsste aber erneut die Gerichtsgebühr bezahlen, und er würde sich mit so einem Verhalten im streitigen Verfahren äußerst unglaubwürdig machen.
Bei einem widersprochenem Mahnbescheid sind alle weiteren möglichen Zwangsmaßnahmen wie Vollstreckungsbescheid/Pfändung etc. bezüglich dieses Falls versperrt, solange bis ein Gericht den Fall geklärt hat und dem Gläubiger Recht gegeben haben sollte.
Unternimmt der Schuldner jedoch bei einem Mahnbescheid nichts, kann der Gläubiger nach einigen Wochen einen Vollstreckungsbescheid erwirken. Das bedeutet, dass der Gläubiger ohne Gerichtsverhandlung beim Schuldner pfänden lassen kann. Der Vollstreckungsbescheid kann aber auch angefochten werden, bevor es zur Pfändung kommt. Mehr dazu hier: Vollstreckungsbescheid
Wichtig:
|
Der Verbraucher sollte außerdem wissen:
|
In Österreich gibt es anstelle des Mahnbescheids das "obligatorische Mahnverfahren", vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Obligatorisches_Mahnverfahren.
In der Schweiz werden Geldforderungen durch eine "Betreibung" geltend gemacht. Hierfür sind die Betreibungsämter zuständig, vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Betreibung.
Es gibt im Internet etliche Abzock-Geschäftsmodelle betrügerisch aufgemachter Webseiten, wo man in eine Abo-Falle läuft. Dann werden in der Folge vom Abzocker, aber auch von unseriösen Inkassobüros oder Rechtsanwälten, die z.T. in Bandenkriminalität mit dem Abzocker zusammenarbeiten, schrecklich klingende Drohbriefe an die Opfer versendet. In diesen Drohbriefen wird häufig mit einem Mahnbescheid gedroht, oder es wird (wie oben schon erwähnt...) ein Antrag auf einen solchen Mahnbescheid dem Drohschreiben beigelegt, um zu suggerieren, dass so etwas unmittelbar bevorstehe. Dabei handelt es sich aber nur um plumpe Einschüchterungsmanöver. Wäre die Forderung rechtmäßig, dann wäre der Mahnbescheid nach der zweiten erfolglosen Mahnung längst beantragt worden.
Die Abzocker machen ihre Drohung mit so einem Mahnbescheid aber i.d.R. nicht wahr, weil sie dazu die Kosten (je nach Forderungshöhe, mindestens 32 Euro) an das Gericht vorstrecken müssten. Widerspricht der "Schuldner" dem Mahnbescheid dann einfach, bleibt der Abzocker auf diesen Kosten sitzen.
Daher können Sie in Fällen typischer Abzockmodelle, wo mit versteckten Preisangaben und anderen miesen Tricks gearbeitet wird, solche Drohungen als leere Worthülsen betrachten.
Lesen Sie dazu auch den Artikel: Abzocke - Hilfe! Was kann mir passieren?
Wenn ein Forderungssteller Kenntnis davon hat, dass ihm ein Forderungsanspruch nicht zusteht, und trotzdem unter Verwendung unrichtiger Angaben einen Mahnbescheid beantragt, so macht er sich wegen Betrugs bzw. versuchten Betrugs strafbar. Siehe dazu den Beschluss des Oberlandesgerichts Celle vom 1. November 2011, Aktenzeichenn 31 Ss 29/11.
Ein weiterer Beschluss des Bundesgerichtshofs bestätigt diese Auffassung: BGH, Beschluss v. 19.11.2013, Az. 4 Str 292/13
Wenn Sie also wegen eines ersichtlich nicht bestehenden Anspruchs mit einem Mahnbescheid konfrontiert werden, sollten Sie unter Hinweis auf die Beschlüsse des OLG Celle sowie des BGH Strafanzeige wegen des versuchten gewerbsmäßigen Betrugs erstatten.
Es ist (leider) im deutschen Zivilrecht nicht verboten, bei einer längst verjährten Forderung einen Mahnbescheid zu beantragen. Eigentlich passiert das eher selten, denn der Forderungssteller muss mit dem Widerspruch rechnen, er hätte gar keine Chance, gegen Ihre Verjährungseinrede die Forderung im Prozess durchzusetzen. Aber es gibt einige wenige besonders unseriöse Forderungssteller, die sich darauf spezialisiert haben, besonders rechtsunkundige Verbraucher abzuzocken, z.B. alte Leute, Menschen mit prekärem Hintergrund, Hartz-IV-Empfänger u.s.w.
Bei diesen Menschen ist es leider häufig so, dass die nicht wissen, wie mit dem Mahnbescheid umzugehen ist. Auch bei einer verjährten Forderung müssen Sie unbedingt dem Mahnbescheid widersprechen, spätestens dem Vollstreckungsbescheid - sonst ist die Forderung tituliert, auch wenn eigentlich der Anspruch längst verjährt war. Der Abzocker kann Ihnen dann den Gerichtsvollzieher auf den Hals schicken. Versäumen Sie daher unter keinen Umständen den Widerspruch, auch nicht bei verjährter Hauptforderung.
Die gleichen unseriösen Abzocker, die sich auf das Plündern besonders rechtsunkundiger und hilfloser Personen spezialisiert haben, haben noch eine andere typische Marotte: sie beantragen in der gleichen Forderungssache kurz hintereinander gleich mehrere Mahnbescheide.
Auf den ersten Blick betrachtet mag dies keinen Sinn ergeben, denn eigentlich müsste der Abzocker mit dem Widerspruch rechnen, und er hätte dann nicht nur einmal die Gerichtsgebühr versenkt, sondern gleich mehrmals hintereinander z.B. 23 Euro. Das erscheint zunächst einmal sehr teuer.
Da jedoch die Betroffenen sehr häufig nicht wissen, dass sie bei wiederholtem Mahnbescheid in gleicher Sache jedesmal (!!!) erneut den Mahnbescheiden widersprechen müssen, kann es passieren, dass der Abzocker bei einer Hauptforderung "aus Abo 4X € 9,99" fünf Mahnbescheide beantragt. Der Betroffene widerspricht nur dem ersten Mahnbescheid - und hat dann vier gerichtliche Titel an der Backe, mit vierstelliger titulierter Forderung, die er erst einmal mit Vollstreckungsgegenklage u.s.w. mühsam aus der Welt schaffen muss.
Also: Auch bei wiederholtem Mahnbescheid in gleicher unberechtigter Forderungssache müssen Sie jedem Mahnbescheid einzeln erneut widersprechen!!!
Der angebliche Schuldner, der aufgrund einer unberechtigten Forderung mit einem Mahnbescheid konfrontiert wird, hat seinerseits die Möglichkeit, die gerichtliche Klärung des Falls zu erzwingen. Das ist dann angebracht, wenn zu befürchten ist, dass nach dem widersprochenen Mahnbescheid trotzdem weiter außergerichtlich gemahnt wird, und bei eindeutig liegenden Fällen (z.B. Widerruf wurde fristgemäß ausgesprochen und nachweislich zugestellt, bzw. es ist niemals etwas bestellt worden).
Dies ist ein Trick, mit dem ein Abzocker, der den Mahnbescheid als Druckmittel benutzt, oft nicht rechnet. Der angebliche Schuldner kann den Abzocker auf diese Weise dazu zwingen, "Farbe zu bekennen" bzw. "die Hose runterzulassen" und ihn in ein streitiges Verfahren zwingen, welches der Abzocker eigentlich unbedingt vermeiden wollte.
Der Verfahrensweg sieht so aus:
Dabei ist für das Verfahren zu beachten:
Es ist nicht zu empfehlen, so etwas ohne anwaltliche Hilfe zu unternehmen.
Ein Abzocker, der sich mit so etwas konfrontiert sieht, guckt jedoch häufig ganz dumm aus der Wäsche. So etwas endet dann auch ganz häufig mit dem kleinlauten Antrag seitens des Abzockers, die Klage zurückzunehmen. Dann trägt aber der Abzocker sämtliche aufgelaufenen Gerichtsgebühren. Außerdem ist so etwas dann manchmal ein schöner Aufhänger, um anschließend Strafanzeige wegen versuchten Betrugs zu erstatten. Denn in so einem Fall hat der Abzocker Kenntnis davon gehabt, dass ihm die Forderung nicht zusteht - und er hat trotzdem ein Mahnverfahren betrieben. Dadurch kann unter Umständen der Nachweis des Betrugsvorsatzes leichter erbracht werden, besonders dann, wenn vor dem Mahnbescheid schon die Forderung nachweisbar streitig gestellt wurde.
Man sieht hieran, dass das Betreiben eines Mahnverfahrens für einen Abzocker nicht ohne Risiko ist. Zwar kann prinzipiell jedermann ohne Begründung gegen jedermann ein Mahnverfahren einleiten. Jedoch bekommt der Abzocker beim Widerspruch die vorgestreckten Gerichtskosten nicht wieder, und er riskiert, dass er ins streitige Verfahren hineingezogen wird bzw. unter blamablen Umständen dann die Klage zurücknehmen muss.
Vollstreckungsbescheid (Dieser folgt dem Mahnbescheid, wenn kein Widerspruch erfolgt) |